Sky Porsche von Godzilla. So heisst Christina Rasts neuer Begleiter. Der junge «Dreiviertel- Pudel», getauft von ihrer Nichte, sei ein super «Probenhund », sagt sie. «Mit seiner ruhigen Art erdet er alle im Raum», erzählt sie beim Treffen in Bern, wo sie seit zwei Jahren lebt. Rast steckt in den Endproben zum Stück «Zum Glück». Die in Luzern aufgewachsene Regisseurin arbeitet für die Inszenierung zum vierten Mal mit dem Autor Matto Kämpf zusammen. Das Geheimrezept der beiden? «Matto schafft es, den Alltag in lakonischer Sprache einzufangen und ihn in einen grösseren Zusammenhang zu stellen. Dem stelle ich meine szenische Fantasie gegenüber. Wir ergänzen uns einfach ideal und teilen unseren Galgenhumor.»
Sie will die Strukturen des Theaters hinterfragen
Roman «Die Kinder unse- res Viertels» des ägyptischen Schriftstellers Nagib Machfus. Es ist eine Parabel über Macht, in der die monotheistischen Weltreligionen auf die gesellschaftliche Zusammensetzung eines Quartiers heruntergebrochen werden. Es gehe auch um den Ruf nach Heilsfiguren, sagt Rast: «Das passt gut in unsere von der Pandemie geprägte Zeit.» In einem über fünfstündigen Happening spaziert das Publikum vom Schlachthaus Theater in der Altstadt aus bis in das alternative Kulturzentrum Heitere Fahne am Stadtrand. Die epische, serielle Form findet Rast reizvoll, weil man sich so richtig in eine Geschichte vertiefen könne. «Ich glaube daran, dass das gemeinsame Erleben in einem Theaterraum eine Katharsis auslösen kann.» Die Heitere Fahne sei ein inklusiver, utopischer Ort, an dem vieles möglich ist, was auch für andere Institutionen wünschenswert wäre. In diesem Teil der Inszenierung spielen auch Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung aus dem Kollektiv der Heiteren Fahne mit. Rast will mit ihren Arbeiten die Strukturen des Theaters immer wieder hinterfragen. Als freie Regisseurin pendelt sie zwischen der Schweiz und Deutschland und tauscht sich als Mentorin an der Theaterakademie in Ludwigsburg regelmässig mit zukünftigen Theaterschaffenden aus. Eine Bereicherung, wie sie sagt. «Diese jungen Menschen sind unglaublich wach, wenn es um respektvolles Miteinander geht.» Misogyne Strukturen oder autoritäre Arbeitsverhältnisse hätten gar nicht erst Platz. Rast hat als Regieassistentin am Zürcher Schauspielhaus gearbeitet, als Christoph Marthaler Intendant war und Regisseure wie Christoph Schlingensief ans Haus holte. «Von ihnen habe ich das prozesshafte Arbeiten mitgenommen. Marthaler setzt jeden Schauspieler wie ein eigenes Instrument ein und fügt sie zu einer Gesamtkomposition zusammen. » Diese Arbeitsweise ist ihrer ähnlich. «Ich komme mit einer Idee in die erste Probe. Danach ist es wie beim Pingpong spielen: Nach dem Aufschlag ergibt sich im Idealfall ein Hin und Her.»
Zum Glück
Premiere: Sa, 10.9., 17.00
Start: Schlachthaus Theater Bern
Christina Rasts Kulturtipps
Ausstellung Rahima Gambo: Bird Sound Orientations 2 «Mich interessiert die partizipative Arbeitsweise dieser nigerianischen Künstlerin; ich bin gespannt, wie sich dieser Prozess auf das Seh-, Hör- und Raumerlebnis auswirkt.» Bis So, 25.9., Kunsthalle Bern
Kinofilm Mahatah – Side Stories from Main Stations «Auf die Gegenüberstellung der Bahnhöfe von Zürich und Kairo im Film von Sandra Gysi und Ahmed Abdel Mohsen freue ich mich. Bahnhöfe sind Brenngläser von Bewegung und Begegnung.»
Performance En mi Imperio perreo sola «Der Performerin Daniela Ruocco beim Erstürmen der coolen Männerbastion Reggaeton zuzuschauen, ist bestimmt ein diebisches Vergnügen.» Mi, 14.9.–Fr, 16.9. Dampfzentrale Bern