Chalid al-Chamissi Ägyptens Volksseele
Chalid al-Chamissi lässt im Buch <br />
«Im Taxi» den einfachen Mann zu Wort kommen. Und dies auf sehr unterhaltsame Art.
Inhalt
Kulturtipp 09/2011
Letzte Aktualisierung:
05.03.2013
Renata Schmid
250 000 Taxis sind in Kairo tagtäglich unterwegs. Der ägyptische Journalist, Filmemacher und Autor Chalid al-Chamissi hat sich zu den Fahrern reingesetzt, mit ihnen geplaudert, aufmerksam zugehört – und das Gehörte aufgeschrieben. Daraus entstand ein Buch mit 58 Geschichten. Da geht es um den alltäglichen Kampf ums Überleben, um Korruption und um die Regierung. Da halten die Taxifahrer nicht zurück mit spitzen Kommentaren, Witzen und träfen B...
250 000 Taxis sind in Kairo tagtäglich unterwegs. Der ägyptische Journalist, Filmemacher und Autor Chalid al-Chamissi hat sich zu den Fahrern reingesetzt, mit ihnen geplaudert, aufmerksam zugehört – und das Gehörte aufgeschrieben. Daraus entstand ein Buch mit 58 Geschichten. Da geht es um den alltäglichen Kampf ums Überleben, um Korruption und um die Regierung. Da halten die Taxifahrer nicht zurück mit spitzen Kommentaren, Witzen und träfen Bemerkungen (zum Teil zensurierte diese der Autor vorsichtshalber gleich selber) zu den Missständen im Land. Geistreich, witzig und ironisch sind die Einschätzungen dieser Männer, fatalistisch meist ihre Einstellung zum Leben oder zur Zukunft der eigenen Kinder: «Die waren ihrer Lebtage noch nicht im Kino oder im Theater und sie werden dort auch nie hingehen. Die gucken Satellitenfernsehen im Café unter unserer Wohnung. Keine Ahnung , was in ihren Köpfen wachsen wird – ausser Kakteen.»
Wer schon in Ägypten im Taxi unterwegs war, wird sich kaum fragen, ob sich die Gespräche in Wahrheit so abgespielt haben. Er wird sich wohl eher an ähnliche Begebenheiten erinnern. Denn die Ägypter sind (wie alle nordafrikanischen Völker) begnadete Geschichtenerzähler – ob in ihrer eigenen oder in englischer Sprache.
Weil das Buch im Februar 2011 just zur «ägyptischen Revolution» und zum Sturz des Präsidenten Hosni Mubarak auf Deutsch erschien, wurde es von europäischen Kritikern als «Buch der Stunde» oder auch als «atmosphärisch-mentale Vorgeschichte der revolutionären Ereignisse» bezeichnet. Chalid al-Chamissi hatte «Im Taxi» allerdings schon ein paar Jahre früher geschrieben. 2007 kam es in arabischer Sprache auf den Markt.
Als «Hommage an die ganz gewöhnlichen Leute» sieht der Autor sein Buch. Denn, so erklärt er in einem Interview mit der «Deutschen Welle»: «Diese Menschen tragen ein Weltverständnis in sich, das tiefer geht als das vieler Gebildeter.» Mit «Im Taxi» ist es Chalid al-Chamissi gelungen, die Stimmen der einfachen Menschen weit über sein Land hinauszutragen und deutlich zu machen, dass er an das ägyptische Volk glaubt: «An seine Weisheit und seine Kultur – Eine volkstümliche Weisheit.»
[Buch]
Chalid al-Chamissi
Im Taxi
187 Seiten
(Lenos 2011).
[/Buch]