Früh abgebrochener Höhenflug
Er war ein Senkrechtstarter und zählte zu den grössten Hoffnungen der russischen Musik im Vorfeld der Oktoberrevolution: Alexei Stanchinsky (1884–1914) brillierte als 15-Jähriger mit Liedern ohne Worte. Innert zehn Jahren brachte er ein Klavierwerk hervor, das sich durch Eigenwilligkeit und ­aussergewöhnliche Leidenschaft auszeichnet. Der von Alexander Skrjabin beeinflusste und bewunderte Komponist bereicherte mit zwei Sonaten, zahlreichen Präludien und den 12 Skiz­zen op. 1 die slawische Klavierliteratur umso mehr, als er seine ausdrucksvolle Tonsprache mit ausgeklügeltem Kontrapunkt festigte. Von seinen kühnen Höhenflügen in harmonischem Neuland inspiriert, treibt die Moskauer ­Pianistin Ekaterina Derzhavina die Wiederentdeckung dieses lange vergessenen Einzelgängers stürmisch voran.

Alexei Stanchinsky 
Klaviermusik 
(Profil 2017).