Eigentlich sollte Pippo Pollina sein Heimweh längst überwunden haben. Seit 25 Jahren lebt der gebürtige Sizilianer in der Schweiz, er hat sich bestens integriert und wird von seinen Schweizer Fans als einer der ihren gefeiert. Vor anderthalb Jahren hat er den Schweizer Kleinkunstpreis erhalten, und Pollinas «Heimbühne» ist seit Jahren das Zürcher Volskhaus.
Dort tauft der 50-jährige Cantautore am 17. Januar auch seine neue CD. Sie heisst «L’appartenenza» und thematisiert die Zugehörigkeit in verschiedenen Facetten. Und Pollinas Hauptbotschaft ist klar und einfach: Wer verpflanzt wird, sehnt sich immer nach seiner Herkunft. Neue, andere Zugehörigkeiten sind aber möglich – dank Menschen, Geschichten und der vermittelnden Kraft von Musik.
Wehmut und Sehnsucht
Pollina wurde 1963 in Palermo geboren und verliess seine Heimat 1985, nachdem ein Freund von der Mafia ermordet worden war. Nach langer Reise als Strassenmusiker durch halb Europa strandete er 1988 in Luzern. In der Schweiz wurde er sesshaft, der Liebe und zahlreicher Musikerfreundschaften sei Dank.
Nördlich der Alpen legte der stimmgewaltige Sänger eine beachtliche Karriere hin. Seine offene, sympathische Art und seine politischen Texte bescherten ihm Kooperationen mit Musikern wie Linard Bardill, Georges Moustaki oder Konstantin Wecker. In Italien dagegen geriet er in Vergessenheit. Erst 1997 schaffte er die Rückkehr und gab sogar Konzerte in Sizilien. Das Album «Il giorno del falco» hatte Leoluca Orlando, den einstigen Bürgermeister von Palermo, derart begeistert, dass er seinem Landsmann den Weg zurück auf seine Heimatbühnen ermöglichte.
Seinen Lebensmittelpunkt behielt Pippo Pollina dennoch in Zürich, wo er mit seiner Familie lebt und neue Zugehörigkeiten gefunden hat. Auf «L’appartenenza» bringt er sein vielschichtiges Heimatgeflecht zum Klingen. In Liedern wie «Laddove crescevano i melograni» («Wo die Grantäpfel wuchsen»), «Da terra a terra» («Zwischen den Ländern») oder «Mare mare mare» («Meer Meer Meer») besingt er Heimweh, Wehmut, Sehnsucht. Doch es gibt auch Lieder wie «Helvetia» oder «Adesso che» («Heute»), die Gegenwart und Zuversicht zelebrieren. Pollinas Texte leben, nein: beben wie gewohnt von Poesie und Politik. Seine Sehnsucht gilt nicht nur seiner fernen südlichen Heimat, sondern einer toleranten, friedvollen Gesellschaft.
Für die CD-Aufnahmen hat er eine Reihe seiner liebsten Freunde aufgeboten. Darunter die sizilianische Sängerin Etta Scollo, den piemontesischen Cantautore Giorgio Conte sowie seine neuen bayerischen Kumpanen Werner Schmidbauer und Martin Kälberer, mit denen er 2012 das Album «Süden» eingespielt hat. Auf Tournee geht Pippo Pollina mit seinem Palermo Acoustic Quartett.
CD
Pippo Pollina
L’appartenenza
(Jazzhaus Records 2014).
Konzerte:
Pippo Pollina mit Palermo Acoustic Quartett
Do, 16.1., 20.00 Stadttheater Chur
Fr, 17.1., 20.00 Volkshaus Zürich
Sa, 18.1., 20.00 Lokremise St.Gallen
So, 19.1., 17.00 Casino Theater Burgdorf BE
Alle Tourneedaten auf www.pippopollina.com
Fernsehen:
Sa, 11.1., 17.15 Arte
«Metropolis»
Porträt: Pippo Pollina