«Calvary»: Mord mit Vorlauf
Nach seinem Kinoerfolg «The Guard» präsentiert John Michael McDonagh mit «Calvary» einen Film über Rache an einem Unschuldigen.
Inhalt
Kulturtipp 20/2014
Letzte Aktualisierung:
19.09.2014
Urs Hangartner
Eine beschauliche Gemeinde an der windig-rauen irischen Westküste in der Grafschaft Sligo. Hier schaut der katholische Priester James Lavelle (Charakterkopf Brendan Gleeson) zu seinen Schäfchen. Er ist in der Gemeinschaft integriert; man kennt sich, man hilft sich. Priester ist James erst nach dem Tod seiner Frau geworden. Das erklärt die erwachsene Tochter Fiona (Kelly Reilly), die ihn besuchen kommt. Sie ist eine fragile, psychisch angeschlagene Person, die sich gerade mal wi...
Eine beschauliche Gemeinde an der windig-rauen irischen Westküste in der Grafschaft Sligo. Hier schaut der katholische Priester James Lavelle (Charakterkopf Brendan Gleeson) zu seinen Schäfchen. Er ist in der Gemeinschaft integriert; man kennt sich, man hilft sich. Priester ist James erst nach dem Tod seiner Frau geworden. Das erklärt die erwachsene Tochter Fiona (Kelly Reilly), die ihn besuchen kommt. Sie ist eine fragile, psychisch angeschlagene Person, die sich gerade mal wieder die Pulsadern aufgeschnitten hat.
Gleich am Anfang wird es dramatisch. Im Beichtstuhl vernimmt James ungeheuerliche Worte: «Ich kostete Sperma zum ersten Mal mit sieben Jahren.» Der Beichtende erzählt vom jahrelangen Missbrauch durch einen Priester, der inzwischen verstorben ist. Und: «Es bringt nichts, einen schlechten Priester zu töten, aber einen guten. Ich töte Sie, weil Sie unschuldig sind.» Er kündet an, dass Pfarrer James in einer Woche, am Sonntag, tot sein wird. Die Ausgangslage ist spannend; der Priester, an das Beichtgehemins gebunden, darf niemandem von der Drohung berichten.
Die verbleibende Zeit ist die Chronik eines angekündigten Mordes. Ein Unbekannter – der künftige Mörder? – tötet den geliebten Hund des Priesters. Und eines Abends wird die Kirche abgefackelt. Der Polizeiinspektor vermutet als Täterschaft: «Jemand, der die Kirche hasst – das halbe Land.»
Der Film «Calvary» kennt auch viele komische Momente. Vor allem beim Blick auf die Menschen von eigenem Schlag: der schnöselige, aber spendierfreudige Reiche im prunkvollen Herrenhaus, der zynische und koksende Pathologe oder der abseits auf einer Insel lebende alte US-amerikanische Schriftsteller.
Die Woche ist um. James ist in Sligo geblieben. Er hätte gehen können, hat sich aber anders entschieden. Es kommt zum Showdown am Strand.
Calvary
Regie: John Michael McDonagh
Ab Do, 25.9., im Kino