Für jedes Haus einen Bunker: In der Schweiz ist das gesetzlich geregelt, und nirgends wurden so flächendeckend Zivilschutzanlagen gebaut wie hier. Der Sonnenbergtunnel, einst eine der grössten Zivilschutzanlagen der Welt, befindet sich in Luzern. Hier bringt nun Corinne Maier das Stück «Bunkern» zur Aufführung. Ein Stück über Angst und Sicherheit, über Bunker und Lottoscheine.
Die 38-jährige Regisseurin, die vor allem in Berlin und Basel inszeniert, arbeitet das erste Mal am Drei-Sparten-Haus an der Reuss, beziehungsweise in der sogenannten «Box» desselben. Die gebürtige Baslerin machte sich dabei, gemeinsam mit einem Schauspielteam des Luzerner Theaters, auf die Suche nach Gründen und Abgründen menschlicher Absicherung.
Bunkerdichte und Mentalität
Der Auslöser für diese dokumentarische Theater-Produktion war ein Artikel in der «Süddeutschen Zeitung» über eben genau diesen Sonnenbergtunnel in Luzern. Im Ernstfall fänden darin mehr als 2000 Einwohner der Stadt Platz. «Es ist absurd und faszinierend zugleich», sagt Corinne Maier über die unterirdische Bunkerlandschaft der Schweiz. In keinem anderen Land existiere dieses Gesetz, welches vorschreibt, dass jedes Haus einen Bunker haben muss. Ein Gesetz, das erst 1963 verabschiedet wurde. 2011 hatte das Parlament seine Abschaffung auf der Agenda, doch dann geschah die nukleare Katastrophe in Fukushima.
Leichtfertig Kritik am Sicherheitsbedürfnis der Wohlstandsgesellschaft in der Schweiz zu üben, ist Maier jedoch zu einfach. Sie sucht nach den Verbindungen und den absurden Details. Dabei fragt sie auch: «Inwiefern hängt diese Bunkerdichte mit unserer Mentalität zusammen?» Die zentrale Frage, welcher sie sich gemeinsam mit dem Schauspielensemble gewidmet habe, sei jedoch: «Was vermittelt uns denn ein Gefühl von Sicherheit? Ist es ein Bunker, ein Helm, eine Überwachungskamera oder der jährliche Gesundheitscheck? Ist es die Versicherung oder die Alarmanlage?»
Das Stück als Gemeinschaftswerk
Das Team um Corinne Maier hat sich bei den Proben bald bei einer Frage gefunden: Was haben eine solidarische Gesellschaft und sichere Arbeitsbedingungen mit dem Gefühl von Sicherheit zu tun? In insgesamt sieben Wochen Probearbeit haben sie das Stück gemeinsam entwickelt. Nun stehen die Proben in der letzten, heissen Phase. «Jetzt entscheiden wir, welches Szenario wir wählen, wie wir szenisch verdichten und auf welches Gleis wir das Material setzen», sagt Maier. Und Material ist reichlich vorhanden.
Maiers Inszenierungen gehen jeweils intensive Recherchen voraus. Für «Bunkern» habe sie und ihr Team unter anderen mit einer Historikerin, einem Infektiologen, einer Geografin und mit Mitarbeitern von Sicherheitsdiensten Gespräche geführt. Die Regisseurin hat zudem Bedrohungsszenarien der Behörden studiert, aber auch die kleinen Alltagshandlungen unter die Lupe genommen, die unsere Risikobereitschaft abbilden. Kinder, die mit Fahrradhelmen auf Spielplätzen herumkletterten, waren nur ein Beispiel der seltsamen Auswüchse ums Thema Sicherheit. Ein recht schnelllebiger Trend jedoch, im Gegensatz zu den Bunkern.
Bunkern
Premiere: Mi, 5.6., 20.00
Box Luzerner Theater