Warum tragen Clowns immer Hosenträger? Eine Antwort auf diese fundamentale Frage geben die beiden Thurgauer Clowns Olli Hauenstein und Eric Gadient mit ihrem neuen Stück «Clown-Syndrom». Damit die Hose nicht herunterrutscht, sollte man meinen. Aber es steckt mehr hinter den Hosenträgern, wenn die beiden an den Bändern zupfen und zerren, bis alles drunter und drüber geht.
Das ist eine Slapstickeinlage, die Hauenstein und Gadient in einem umgebauten Bauernhof in der Thurgauer Gemeinde Sommeri proben. Die beiden sind ein ungleiches Paar und heissen auf der Bühne entsprechend «Oberschiedlich» und «Unterschiedlich».
Mit Schildmütze, Melone und viel Charme
Hauenstein setzt auf das klassische Clownkostüm mit einer Melone auf seiner Birne. Gadient dagegen hat eine US-amerikanische Schildmütze aufgesetzt, die er wie alle Jungs aus der Bronx scheps trägt, oder besser wie alle Jungs in New Jersey, denn dort verbrachte er seine ersten Lebensjahre.
Noch etwas trennt die beiden: Olli Hauenstein ist ein Bühnenkünstler, der im Alltag selbständig zurechtkommt. Gadient dagegen ist auf Unterstützung angewiesen, denn er kam mit einem Down-Syndrom zur Welt, was den Titel ihrer Performance «Clown-Syndrom» als Wortspiel erkennen lässt. Hauenstein und Gadient haben nun eine 80 Minuten dauernde Vorstellung eingeübt, mit der sie auf Tournee gehen. Der Pianist Andreas Kohl begleitet sie; er hat die Musik zum Stück selbst komponiert.
Die beiden Bühnenkünstler präsentieren Clown-Nummern, wie man sie vom Zirkus her kennt. Tatsächlich ist Hauenstein schon mit dem Zirkus Knie durch die Nation getingelt. Auch beim weltberühmten kanadischen Cirque du Soleil hatte er Auftritte.
Diese Erfahrung spürt der Zuschauer etwa bei einer Episode wie dieser: Gadient verkündet selbstsicher «We go Fishing», doch die Fische beissen natürlich nicht an. Vielmehr verfällt er beim Angeln in einen Tiefschlaf und kippt auf seinen Partner, der ihn wecken will – vergeblich. Dafür kassiert er einen Schlag auf die Nase, noch einen und so fort. Erst ein Würstchen bringt die salomonische Lösung. «Denn Clowns haben immer Hunger», resümiert Hauenstein. Das Muster dieser Einlagen setzt auf den klassischen Slapstick: Die Diskrepanz zwischen hehrer Absicht und ernüchterndem Ergebnis ist für die Protagonisten schmerzhaft – und witzig für das Publikum.
«Wir leben nicht in der gleichen Realität»
Der Reiz der Produktion liegt in der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Künstlern. «Das setzt ein grosses, gegenseitiges Vertrauen voraus», sagt Hauenstein. Beide müssen sich beim zeitlichen Ablauf und bei den Gags aufeinander verlassen können, andernfalls zerfällt eine Vorstellung. Dieses Vertrauen hat sich beim intensiven Proben nach und nach herausgebildet. Die gegensätzlichen Lebenswelten zwischen Hauenstein und seinem Mitspieler Gadient sind zum Teil unüberbrückbar: «Wir leben nicht in der gleichen Realität.»
«Oberschiedlich» und «Unterschiedlich» eben, der eine sucht die Veränderung, der andere die Bewahrung, wie so häufig im Leben.
Clown-Syndrom
Premiere: Do, 29.9., 20.00 Theater Gleis 5 Frauenfeld
Weitere Vorstellungen: www.clown.ch