Bühne: Filmbranche in Aufruhr
Christian Krachts Roman «Die Toten» feiert im Konzerttheater Bern Welturaufführung – ein fiktives Spiel mit historischen Ereignissen rund um die Filmbranche der frühen Nazi-Zeit.
Inhalt
Kulturtipp 01/2018
Babina Cathomen
Mit jedem neuen Roman begibt sich der Schweizer Pop-Literat Christian Kracht ins Kreuzfeuer der Kritik. Während die einen ihm die Ästhetisierung der Gewalt oder gar faschistische Gesinnung vorwerfen, lesen die anderen seine Texte als raffiniertes Spiel, das Grenzen auslotet und totalitaristische Systeme hinterfragt. Auch Krachts fünfter Roman «Die Toten» von 2016 führte zu begeisterten wie empörten Reaktionen – und brachte ihm den Schweizer Buchpreis...
Mit jedem neuen Roman begibt sich der Schweizer Pop-Literat Christian Kracht ins Kreuzfeuer der Kritik. Während die einen ihm die Ästhetisierung der Gewalt oder gar faschistische Gesinnung vorwerfen, lesen die anderen seine Texte als raffiniertes Spiel, das Grenzen auslotet und totalitaristische Systeme hinterfragt. Auch Krachts fünfter Roman «Die Toten» von 2016 führte zu begeisterten wie empörten Reaktionen – und brachte ihm den Schweizer Buchpreis ein.
Das Konzert Theater Bern hat sich nun die Rechte für die Welturaufführung gesichert. Regisseurin Claudia Meyer und Dramaturg Malte Ubenauf haben aus dem sprachgewaltigen Roman eine Bühnenfassung geschaffen. Zur Recherche ist das Produktionsteam vor Probenbeginn nach Japan gereist und hat Filmaufnahmen mitgebracht, die in die Berner Inszenierung einfliessen.
Krachts Roman handelt denn auch vom Kulturclash zwischen der westlichen und der japanischen Welt: Der Berner Filmregisseur Emil Nägeli will im Berlin der frühen 30er-Jahre einen Gruselfilm finanzieren – «eine Allegorie des kommenden Grauens». Der japanische Kulturbeamte Masahiko Amakasu arbeitet derweil an der Neuerfindung des japanischen Films und möchte mit deutscher Filmkunst dem US-Kulturimperialismus Einhalt gebieten. Weil die Stars schon vergeben sind, lässt er den unbekannten Schweizer Kunstfilmer Nägeli nach Tokio kommen – und bändelt mit dessen Verlobter Ida von Üxküll an. Finanziert wird das Projekt durch das nationalsozialistische Deutschland.
Christian Kracht spielt in seinem ironisch gebrochenen Roman mit realen historischen Ereignissen und Personen: Schauspieler Heinz Rühmann, Komiker Charlie Chaplin, der deutschnationale UFA-Chef Alfred Hugenberg haben ebenso ihre Auftritte wie die Kulturkritiker Siegfried Kracauer und Lotte Eisner. Regisseurin Claudia Meyer führt mit ihrer Inszenierung den Einfluss vor Augen, den die Filmindustrie beim Aufstieg der Nationalsozialisten hatte.
Die Toten
Premiere: Do, 21.12., 19.30
Vidmar 1 Bern
www.konzerttheaterbern.ch