Beklemmende, manchmal verstörende Szenen prägen diesen Roman, den die österreichische Autorin Ingeborg Bachmann (1926–1973) als «geistige Autobiografie» bezeichnete. Vordergründig handelt es sich bei «Malina» um eine Dreiecksgeschichte: Die Ich-Erzählerin, eine Schriftstellerin mit selbstzerstörerischen Tendenzen, lebt Mitte des 20. Jahrhunderts zusammen mit ihrem bodenständigen Partner Malina in Wien. Ihre Leidenschaft gilt jedoch dem Nachbarn Ivan, mit dem sie eine Affäre hat – ihm will sie nahe sein, stösst aber oft auf Gleichgültigkeit. Kernstück des Romans bildet der mittlere Teil: In Albträumen und tranceartigen Zuständen erinnert sich die Ich-Erzählerin an Gaskammern und Vergewaltigungen, ihr Vater tritt dabei als äusserst brutale, autoritäre Figur auf.
Das Weibliche hat keinen Platz
«Malina» ist zwei Jahre vor Ingeborg Bachmanns mysteriösem Tod entstanden. Sie komponiert in ihrem Roman Briefe, Dialoge, Reflexionen, Traumsequenzen und andere Fragmente zu einem vielstimmigen Psychogramm. Ihre leidigen Erfahrungen als Intellektuelle in einer männerdominierten Welt und mit dem Nationalsozialismus fliessen ebenso ein wie ihre schwierige Beziehung zu Max Frisch und ihre massive Tablettensucht.
Wie bringt man diesen komplexen Roman, der mit verschiedenen Identitäten und Erzählformen spielt, auf die Bühne? Die 34-jährige deutsche Regisseurin Mizgin Bilmen lotet noch aus, inwieweit sich dieser Roman als Theaterstück eignet. «‹Malina› handelt im Kern vom Spielen mit Erinnerung. Erst dadurch kommt die Frage nach Identität auf. Mittels der Traumlogik versuche ich, Bachmann auf die Spur zu kommen», mailt Bilmen in einer Probenpause.
Mit drei Schauspielern stellt Bilmen die innere Zerrissenheit der Ich-Erzählerin auf der Bühne dar. «Ich habe in Ivan gelebt und ich sterbe in Malina», sagt die Ich-Erzählerin gegen Schluss. Malina, so scheint es, ist Teil der Ich-Erzählerin selbst, während Ivan Projektionsfläche für ihre Sehnsucht bleibt. Ihre weibliche Seite hat keinen Platz in dieser Welt, das Ich löst sich auf. «Es war Mord», lautet der letzte Satz, bevor die Figur spurlos in der Wand des Zimmers verschwindet.
Malina
Premiere: Mi, 17.1., 19.30
Vidmar Bern (ausverkauft)
Weitere Daten: www.konzerttheaterbern.ch