Der 20-jährige Bruno Breguet hat seine Mutter gebeten, ihm zwei Stoffgürtel zu nähen für die Reise nach Israel. Er wolle damit Bücher transportieren. Jetzt aber trägt er zehn Päckchen Sprengstoff auf sich. Dazu in der Tasche einen als Zigarettenpackung getarnten Zünder und eine Armbanduhr, die zu einer Präzisionsuhr umgebaut worden ist. Er soll den Shalom Tower in Tel Aviv sprengen, der Anschlag zielt auf das Warenhaus im Parterre. Doch die Zöllner wissen Bescheid und verhaften ihn.
Gespräche mit Weggefährten
Es ist der 20. Februar 1970, die Welt ist erschüttert vom Terrorismus, der seit der Niederlage im Sechstagekrieg von 1967 von der palästinensischen PLO und ihren Splittergruppen ausgeht. Und die Schweiz staunt. Wer ist dieser Bruno Breguet mit seinem «schönen feingeschnittenen Gesicht mit abwechselnd träumerisch und erheitert blickenden Augen», wie ihn die linksliberale Basler «National-Zeitung» beim Prozess geradezu begeistert beschreibt.
Historiker Adrian Hänni, Spezialist für Geheimdienste, Propaganda und Terrorismus, hat viele Gespräche mit Weggefährten geführt und Archive ausgewertet. In seiner Biografie über den Terroristen, der später zum CIA-Agenten wird und 1995 spurlos verschwindet, wird eine Zeit voller Angst lebendig. Und eine Zeit, in der jugendlicher Idealismus mehr und mehr zum schmutzigen Geschäft wird.
Als Idealist tritt Bruno Breguet aus Minusio ins Leben. Der sanfte, freundliche, aber auch verschlossene Gymnasiast verschlingt die Schriften von Che Guevara sowie von sozialistischen und antikolonialistischen Vordenkern und schreckt auf, als der Nahostkonflikt auch die Schweiz erfasst.
Im Februar 1969 nimmt am Flughafen Zürich ein Kommando der palästinensischen PFLP eine Linienmaschine der israelischen El Al unter Feuer. Der Prozess gegen die Attentäter empört Breguet. Er meldet sich bei der Arabischen Liga, reist nach Beirut, besucht Flüchtlingslager und lässt sich für jenes Attentat gewinnen, das ihn für sieben Jahre ins Gefängnis bringt.
Die Prominenz setzt sich für seine Freilassung ein
Mittlerweile ist er zum Idol geworden, für dessen Freilassung sich nicht nur der Bundesrat, sondern auch Prominente wie Jean-Paul Sartre, Michel Foucault, Friedrich Dürrenmatt oder Max Frisch einsetzen. Trotz schriftlich vereinbartem Gewalt- verzicht plant Breguet weiter Attentate und legt Bomben, jetzt im Dienste des Terroristen Carlos. Um politische Ideale geht es jetzt nicht mehr, sondern um Schutzgelderpressungen, Waffenhandel und Auftragsmorde für arabische Despoten und osteuropäische Geheimdienste.
Dass ihn das zunehmend abstösst, mag ein Grund gewesen sein für Bruno Breguets abrupten Seitenwechsel zur CIA. Mittlerweile Vater geworden, will er vielleicht auch nur seiner Familie ein festes Einkommen sichern. Die CIA, bei der er sich 1991 meldet, kann seine Dienste brauchen. Denn Bruno Breguet wird mithelfen, sie zu Carlos zu führen, der heute in einem französischen Gefängnis sitzt. Was aber ist mit Bruno Breguet geschehen? Dieses Rätsel bleibt ungelöst.
Buch
Adrian Hänni - Terrorist und CIA-Agent
292 Seiten (NZZ Libro 2023)