Als kleiner Bub nervte er seine Eltern, die Lehrer und fast jeden in seiner Umgebung. Minutenlang sass Klein-Andreas da und liess seinem Mundwerk freien Lauf: «Dingdingdiggadigadingding . . .», klang es dann, und immer weiter: «. . .diggadigadingdingdiggadiggading . . .» Keine Lieder waren das, sondern kunstvoll gesampelte Geräusche. Schaerers Bubentraum war es, Geräuschemacher beim Film zu werden. Als Teenager schuf er kleine Hörspiele und Kompositionen.
«Grüüschle»
Heute bereist der 38-jährige Vokalist die halbe Welt, gibt bejubelte Konzerte, legt eine CD nach der anderen vor, vertont Computergames und unterrichtet an der Hochschule. Noch immer aber spricht er vom «Grüüschle», wenn er seine Vokalkunst beschreibt, die er längst professionell ausgebildet hat. Wenn Schaerer heute auf der Bühne steht, bringt er nicht nur Stimmbänder, Kehlkopf und Lippen zum Schwingen. Mit Sequenzern, Loopgeräten und Mischpulten sampelt er seinen Gesang zur dichten Tonspur eines Hör-Comics, montiert aus Nonsens-Rap und Opernarie, Afrohymne und Soulballade, Bienensummen und Super-Mario-Gebimmel. Erste Erfolge feierte Schaerer mit Hildegard lernt fliegen. Das aufgeweckte Sextett mit drei Bläsern und Rhythm Section purzelt lustvoll-artistisch von Swing und Salonmusik über Kammer- und Balkanjazz zu brachialem Scat-Noise. Die Band ist auf zahlreichen Tourneen bis nach Russland zur eingeschworenen Bande gewachsen, hat mehrere Preise gewonnen und viel beachtete CDs eingespielt; die letzte ist diesen Frühling erschienen.
Mit «Hildegard» hat Schaerer nicht nur viele Fans gewonnen, sondern auch Musikerkollegen hellhörig gemacht. Der bekannteste ist US-Vokalisten-Superstar Bobby McFerrin, der ihn immer wieder zu Duo-Sessions einlädt. Nicht minder spannende Duos haben sich mit dem Berner Kontrabassisten Bänz Oester und dem Zürcher Drummer Lucas Niggli ergeben. Im Trio experimentiert Schaerer mit den Wienern Martin Eberle (Trompete) und Peter Rom (Gitarre). Am diesjährigen Schaffhauser Jazzfestival hat er zudem sein Programm «Perpetual Delirium» mit den Saxofonisten des Basler Arte-Quartetts und dem Berner E-Bassisten Wolfgang Zwiauer präsentiert.
Dichtes Programm
Radio SRF 2 Kultur sendet den Mitschnitt dieses Konzertes in der Sendung «Jazz live». Eine CD-Edition ist für den Winter geplant. Bereits dieser Tage erscheint «Arcanum», die zweite Duo-CD von Schaerer und Niggli. An sich sollte man diese agilen Tüftler live erleben, umso überraschender eröffnen sich ihre speziellen Klangwelten ab CD. Am 23. August startet Schaerer mit Niggli zur internationalen Release-Tournee. Dazwischen stehen andere Konzerte und eine Studiosession beim Bayerischen Rundfunk an. Ein dichtes Programm, das ihn agil hält. Eine Lebensnotwendigkeit, wie er erklärt: «Ich brauche Impulse, sonst rutsche ich in die Routine ab.»
CDs
Andreas Schaerer & Lucas Niggli
Arcanum (Intakt 2014).
Hildegard lernt fliegen
The Fundamental Rhythm Of Unpolished Brains (Enja 2014).
Konzert
Sa, 23.8., 20.00
Festival Airolo in transizione
Weitere Termine unter www.andreasschaerer.com/live
Radio
Fr, 22.8., 22.35 SRF 2 Kultur
Andreas Schaerer und Arte Quartett feat. Wolfgang Zwiauer am Schaffhauser Jazzfestival 2014