Blick ins Gästebuch
Ernst Ludwig Kirchners Leben fand 20 Jahre lang fast ausschliesslich in Davos statt. Dort zeigt das Kirchner Museum nun Fotos, Zeichnungen, und Gemälde, die der Künstler von seinen Besuchern machte.
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Kulturtipp 16/2019
Simon Knopf
Es ist ein schöner Ort, ein friedlicher Ort, an dem Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) die letzten Jahre seines Lebens verbrachte. Das «Wildbodenhaus» liegt am Ausgang des Sertigtals etwas erhöht auf einer Moräne. Nichts versperrt den Blick auf das Landwassertal, auf die Häuser von Davos, die Fichten. Bekannt ist, was der bedeutende Expressionist an diesem Ort schuf: intensiv farbige Landschaftsgemälde von Wäldern und Bergen, von Davos und Szenen...
Es ist ein schöner Ort, ein friedlicher Ort, an dem Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) die letzten Jahre seines Lebens verbrachte. Das «Wildbodenhaus» liegt am Ausgang des Sertigtals etwas erhöht auf einer Moräne. Nichts versperrt den Blick auf das Landwassertal, auf die Häuser von Davos, die Fichten. Bekannt ist, was der bedeutende Expressionist an diesem Ort schuf: intensiv farbige Landschaftsgemälde von Wäldern und Bergen, von Davos und Szenen aus dem Bauernalltag. Nun legt das Kirchner Museum Davos für seine Sommerausstellung «… heute kam den ganzen Tag Besuch» den Fokus auf weniger bekanntes Schaffen des deutschen Malers: Kirchners Porträts seiner Gäste.
Kirchner zog 1917 nach Davos. Dem Umzug waren ein Nervenzusammenbruch im Militärdienst und mehrere Aufenthalte in Sanatorien vorausgegangen. Bis zu seinem Freitod 1938 spielte sich sein Leben danach fast ausschliesslich rund um die Alpenstadt ab. Zahlreiche seiner Briefe aus dieser Zeit zeigen, dass der Maler immer wieder um Besuch bat. Und die Verwandten, Bekannten, Schüler und Galeristen, die zu ihm kamen, mussten posieren. Gerne setzte er seine Gäste vor ein Fenster des «Wildbodenhauses» und fotografierte sie. Die Aufnahmen dienten ihm als Vorlagen für unzählige Gemälde, Druckgrafiken, Zeichnungen und Radierungen.
Im Porträt der Zürcher Künstlerkollegin Lise Gujer von 1927 finden sich noch Überbleibsel von Kirchners dicken Pinselstrichen. Das Ölbild «Grosses Liebespaar (Ehepaar Hembus)» von 1930 hingegen fertigte er bereits in seinem neuen, flächigen Stil an. Das Ehepaar liess er gleich mehrmals Modell sitzen, etwa auch für den verschlungenen Holzschnitt «Zwei sich anblickende Köpfe». So ist die Schau in Davos Zeugnis für das vielschichtige Spätwerk des Malers. Und gleichzeitig ein Blick in sein buntes Gästebuch.
«…heute kam den ganzen Tag Besuch» – Kirchners Gäste
Bis So, 27.10.
Kirchner Museum Davos GR