Biografie: Herrscherin ohne Skrupel
Katharina von Medici bestimmte im 16. Jahrhundert das politische Leben in Frankreich. Jetzt zeichnet eine Biografie das abenteuerliche Leben der Regentin nach.
Inhalt
Kulturtipp 04/2019
Rolf Hürzeler
Könige sterben oft wenig fürstlich: «Die Lanze durchstiess das Visier und drang durch das Auge bis ins Gehirn vor.» Der französische König Heinrich II. hatte nach diesem Duell noch zehn Tage zu leben. In dieser Zeit führten die Wundärzte allerhand Operationen an ihm durch. Sie schnitten etwa das zerstörte Auge aus dem Kopf und entfernten die Lanzenspitze aus dem Gehirn – vergeblich. Der König segnete in Paris das Zeitliche.
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Könige sterben oft wenig fürstlich: «Die Lanze durchstiess das Visier und drang durch das Auge bis ins Gehirn vor.» Der französische König Heinrich II. hatte nach diesem Duell noch zehn Tage zu leben. In dieser Zeit führten die Wundärzte allerhand Operationen an ihm durch. Sie schnitten etwa das zerstörte Auge aus dem Kopf und entfernten die Lanzenspitze aus dem Gehirn – vergeblich. Der König segnete in Paris das Zeitliche.
Als Unerfahrene das Zepter führen
So geht die Überlieferung vom Tod des Ehemanns von Katharina von Medici (1519–1589) an einem Julitag im Jahr 1559. Die deutsche Autorin Sabine Appel erzählt die Geschichte dieser Frau in ihrem neuen Buch «Katharina von Medici – Strategin der Macht und Pionierin der Neuzeit». Appel machte sich einen Namen mit Biografien über historische Gestalten wie den englischen König Heinrich VIII., den Reformator Martin Luther oder die adlige Schriftstellerin Madame de Staël.
Die Witwe Katharina von Medici war über den Verlust des geliebten Ehemanns angeblich untröstlich. Doch das Schicksal hatte noch weitere Pläne mit der jungen Frau. Denn ihr Sohn war noch ein Kind, und die unerfahrene Katharina musste das Zepter führen.
Drahtzieherin der Pariser Bartholomäusnacht
Katharina von Medici war zu jener Zeit zwar mit den Tücken der französischen Politik wenig vertraut. Aber sie hatte grosse Lebenserfahrung, denn sie wurde schon als Teenager ein Opfer der politischen und kirchlichen Wirren in ihrem Heimatland, stand einmal sogar kurz vor dem Gang auf das Schafott. In diesen Verhältnissen lernte sie, dass nur Skrupellosigkeit das Überleben sichert. So ging diese Frau als die angebliche Drahtzieherin der blutigen Pariser Bartholomäusnacht vom 23. auf den 24. August 1572 in die Geschichte ein. Der Mord an einem protestantischen Rädelsführer artete in ein Blutbad an den Hugenotten aus. Der von erzkonservativen Katholiken aufgehetzte Mob schlachtete die Protestanten richtgehend ab. Autorin Appel zitiert einen Augenzeugen mit den Worten: «Man quälte auch die alten Leute zu Tode, indem man sie mit dem Kopf gegen die Kaimauern schlug, dann warf man sie halbtot ins Wasser …»
Zwei ernst zu nehmende Gegenspielerinnen
Umstritten ist, ob Katharina von Medici dieses Massaker plante. Laut Appel liefen ihr die Geschehnisse vielmehr aus dem Ruder: «Vielleicht glaubte sie wirklich, dass dieser Aderlass von Paris unerlässlich war, um das krisengeschüttelte Land, das seine Gegensätze nicht überwinden konnte, wieder zu neuen Kräften zu bringen – ein kleiner Aderlass.»
Katharina von Medici lässt sich indes nicht allein auf die Bartholomäusnacht reduzieren. Sie bestimmte im 16. Jahrhundert die Grossmachtpolitik im westlichen Europa massgeblich mit – zusammen mit zwei anderen Frauen. Die eine Gegenspielerin war die englische Königin Elisabeth I. Dazwischen stand die Schottin Maria Stuart, die Ansprüche auf den französischen wie auf den englischen Thron erhob. Vergeblich, Katharina und Elisabeth waren politisch zu gewieft. Maria Stuart nahm ihr viel besungenes Ende unter dem Beil.
Buch
Sabine Appel
Katharina von Medici. Strategin der Macht und Pionierin der Neuzeit
474 Seiten
(Klett-Clotta 2018)