Man kennt ihn als guten Freund und singenden Kollegen von Mani Matter. Unter den Berner Troubadours, die ab Mitte der 1960er-Jahre aktiv wurden, war es Fritz Widmer (1938–2010), der über den Gartenhag hinausblickte: «Er war der einzige Berner Troubadour, der sich intensiv für die Mit Liedermachenden aus anderen Regionen und Generationen interessierte», schreibt Biograf Hauzenberger.
Das Buch zeichnet ausführlich Widmers Lebensstationen und sein künstlerisches Schaffen nach. Auch bisher Unbekanntes oder wenig Beachtetes findet dabei Eingang in diese Biografie. Freunde und Weggefährten kommen zu Wort, zum Beispiel der spätere Schriftsteller Lukas Hartmann. Er hat seinen Schulhaus-Kollegen Fritz Widmer als 23-jähriger Junglehrer kennen- gelernt und erinnert sich: «Er lehrte mich, eine Sense zu wetzen.» Fritz Widmer, der Bauernsohn aus Kirchberg im Emmental, wusste, wie es geht.
Und man liest die wunderbare Anekdote vom grossen Her-mann-Hesse-Fan Fritz Widmer. Als die Maturareise abgesagt wurde, weil die Klasse sich nicht auf ein Reiseziel einigen konnte, zog Fritz allein los: Mit dem Zug nach Lugano, wo er sich ein Velo mietete und nach Montagnola radelte, um seinem Idol einen Besuch abzustatten. Am Gartentor hing aber das Schild «Bitte keine Besuche». So kehrte er unverrichteter Dinge wieder ins Emmental zurück. Um Jahre später in Bern Christina zu treffen, die 1965 seine Frau wurde – und Hermann Hesses Enkelin war.
Radiokolumnen als «Gedankenginggli»
Fritz Widmer studierte in Bern, wurde Englischlehrer und «Nebenberuf-Troubadour», der als solcher schon mal bis zu 100 Konzerte im Jahr absolvierte. Er schrieb und interpretierte nicht nur seine eigenen Lieder, er übersetzte auch aus dem Schwedischen und aus dem Angelsächsischen. Fritz Widmer schrieb vier Romane, davon drei in Mundart, ferner Lyrik und Zeitungskolumnen.
Einem grösseren Publikum ausserhalb von Bern wurde er in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre bekannt durch seine Beiträge für das «Wort zum neuen Tag» von Radio DRS. Franz Hohler kam in seiner Abschiedsrede an der Trauerfeier für seinen Freund 2010 auf diese Radio-Jahre zu sprechen. Der «Denker Fritz» habe am Radio mit seinen Kolumnen am Morgen «so manchem Menschen das erste Gedankenginggli versetzt».
«Parteiisches, persönlich gefärbtes Buch»
Der Journalist Martin Hauzenberger war Freund und Liedermacher-Kollege von Fritz Widmer und deklariert seine Biografie als «ein parteiisches, stark persönlich gefärbtes Buch». Das hält ihn aber zum Glück nicht davon ab, nichts zu beschönigen: Es hat durchaus Platz für kritische Stimmen. Wie für diejenige von Fritz Widmer selber, der ausführlich mit eigenen Texten zitiert wird. Zum Beispiel so: «Eigentlich möchte ich furchtbar ernste Chansons machen; sie werden aber meistens noch schlechter als die Welt und die Zeit, die sie beschreiben. Was trotzdem übrig geblieben ist, singe ich jetzt, leider ist es eherheiter.»
Martin Hauzenberger
Fritz Widmer – Der Berner Troubadour aus dem Emmental
240 Seiten
(Zytglogge 2021)