Der berühmteste Basler aller Zeiten heisst Hans. Hans Holbein der Jüngere (1498–1543) war bereits in der Renaissance ein bekannter Künstler von Weltformat. Der Künstler kam zwar aus Augsburg, heiratete aber nach Basel, wo er zu Geld, Ansehen und Bürgerrecht kam. Im zweiten Teil seines Lebens wurde Holbein Hofmaler von Heinrich VIII., dem despotischen englischen König mit seinem Prachtspalast Hampton Court bei London. Heinrich war zwar politisch unbedarft wie kaum ein zweiter englischer Herrscher vor und nach ihm. Aber er vermochte seine Unfähigkeit hinter geschickt arrangiertem Pomp zu verstecken. Holbein half ihm dabei.
Gesamte Persönlichkeit
Der Künstler leuchtete seine Modelle geradezu aus. Seine Werke zeigen mehr als die äussere Erscheinung der Porträtierten, sie erfassen die gesamte Persönlichkeit, sogar das Undurchsichtige, das in jedem Menschen steckt.
Die neue Ausstellung «Holbein. Cranach. Grünewald» im Basler Museum der Kulturen ist aus Beständen des Kunstmuseums bestückt, das wegen des Umbaus des Hauptgebäudes bei der Wettsteinbrücke derzeit geschlossen ist. Das Basler Kunstmuseum macht nun aus der Not eine Tugend, indem es Werke seiner alten Meister im exotischen Umfeld des benachbarten Museums für Kulturen zeigt. Man darf gespannt sein, wie der Gegensatz zwischen dem europäischen Kunstschaffen der Renaissance und aussereuropäischen Kulturzeugen, etwa den Preziosen aus Asien und Afrika, auf den Besucher wirkt.
Laïs Corinthiaca
Dieses Porträt einer idealisierten jungen Frau erinnert an erotische Gespielinnen in der Antike. Bei der Dame soll es sich um Magdalena, die Tochter der wohlhabenden Basler Familie Zscheckenbürlin handeln. Sie heiratete den Sohn des damaligen Bürgermeisters Hans Offenburg, der 1518 in jungen Jahren verstarb. Die auf sich allein gestellte Witwe musste zwei Töchter durchbringen; schnell wurde ihr ein liederlicher Ruf angehängt. Holbein malte die 35-Jährige mit ihrem ovalen Gesicht und dem Geld vor sich als eine begehrenswerte Schönheit in opulenter Kleidung. Unbekannt ist, ob sie selbst diese Darstellung schätzte, zumal die moralisierende Andeutung offenkundig ist.
Die Frau des Künstlers mit den beiden ältesten Kindern
Das Bild zeigt die Ehefrau Holbeins, Elsbeth, mit zwei ihrer vier Kinder, mit dem ältesten Philipp und dessen Schwester Katherina im Jahr 1528. Welch ein Gegensatz zur Darstellung der Laïs: Die aus einer begüterten Basler Zunftfamilie stammende Elsbeth ermöglichte Holbein den sozialen Aufstieg in der Stadt und ist nun eine vom Schicksal gezeichnete Frau. Sie wirkt griesgrämig, misstrauisch, depressiv. Holbein zeigt ein Bild, das von einer trostlosen Ehegemeinschaft zeugt. Tatsächlich musste Elsbeth ihre Kinder später selbst aufziehen. Holbein blieb nach seiner zweiten Englandreise in London, bis zu seinem Tod während einer Londoner Pestepidemie.
Der schreibende Erasmus von Rotterdam
Der in Basel lehrende Erasmus von Rotterdam gehörte zu Holbeins Bekanntenkreis. In den Augen des englischen Kunstkritikers Jonathan Jones hatte Erasmus direkten Einfluss auf die Kunst von Holbein: «Leben ist Tod.» Das Ende bestimmt das Dasein, eine Erkenntnis, die laut Jones in Holbeins Porträts stets erkennbar ist. Erasmus ermöglichte Holbein mit einem Empfehlungsschreiben an den Staatsmann Thomas More die Aufnahme am Hof von Heinrich VIII. Philosoph Erasmus war zwar vom künstlerischen Genie Holbeins beeindruckt, hielt ihn jedoch für einen Opportunisten. Wie für viele Künstler seiner Zeit war die Malerei für Holbein vor allem Geschäft. Er lavierte geschickt zwischen den Protagonisten der rivalisierenden Glaubensgemeinschaften.
Holbein. Cranach. Grünewald
Sa, 11.4.2015–So, 28.2.2016 Museum der Kulturen Basel