Einer der wohl eigenwilligsten bildnerischen Beiträge zum Ersten Weltkrieg stammt von Joe Sacco (* 1960). Er wuchs in Australien auf und lebt heute in den USA. Sacco ist bekannt geworden durch seine Reportagecomics und gilt als Erfinder dieser Gattung. Für «Der Erste Weltkrieg – Die Schlacht an der Somme» hat er sich der Vergangenheit zugewandt. Und er hat das Medium gewechselt: Es ist kein Comic, sondern ein Panoramabild von sieben Metern Länge, gedruckt als Leporello, in einem Beiheft von Sacco kommentiert und vom kalifornischen Autor Adam Hochschild erläutert.
Chronologisch erzählt
Sacco erzählt chronologisch den ersten Tag (1. Juli 1916) der Schlacht aus der Perspektive der Engländer. Acht Monate hat er an seinem Bild gezeichnet, nach ausgiebigen Bild-Recherchen im Imperial War Museum London. Andere Quellen sind Bücher: Sacco liest seit seiner Kindheit über den Ersten Weltkrieg. Inspiriert wurde er durch den Anzac-Gedenktag, der in Australien am 25. April begangen wird. Damit erinnert man an die Schlacht von Gallipoli 1915/1916, als das Australian and New Zealand Army Corps (Anzac-Regiment) versuchte, die türkische Halbinsel zu erstürmen.
Sacco verknüpft in «Die Schlacht an der Somme» Zeit und Raum, lässt sie ineinanderfliessen zu einem Geschehen von 24 Stunden. Anschaulich und detailgenau zeigen die schwarz-weissen Zeichnungen die ungeheure Materialschlacht und die Massenvernichtung – von den Gräben zu den Gräbern. Die Schlacht forderte allein am ersten Tag über 20 000 tote Engländer. Militärischer Gewinn der Aktion: null.
Wiederholt hat sich der französische Comic-Künstler Jacques Tardi (* 1946) mit dem Ersten Weltkrieg auseinandergesetzt. Zwei von Tardis Hauptwerken sind nun neu erschienen. «Grabenkrieg» gibt den leidenden Soldaten eine Stimme und ein Gesicht. Erneut in die Schützengräben geht es in «Elender Krieg 1914–1919». Die eindringlich gezeichneten Geschichten, der Krieg in individuellen Episoden, werden durch einen Dokumententeil mit Texten, Fotos und Karten ergänzt.
Antikriegsfilme
Mit «All Quiet On The Western Front» hat Lewis Milestone 1930 in den USA einen der bedeutendsten Antikriegsfilme inszeniert. Was den Film vor allem auszeichnet, ist der ungeheure Realismus des Grauens. Kriegsszenen wurden so realistisch inszeniert, dass Teile später für Dokumentarfilme zweckentfremdet wurden. Nazis störten in Deutschland Kinovorführungen im Jahr 1930 mit Stinkbomben, Schlägertrupps und dem Aussetzen weisser Mäuse. Schliesslich wurde das Werk in Deutschland (wegen Deutschfeindlichkeit) verboten. In den USA erhielt der Film zwei «Oscars».
Dem Realismus verpflichtet ist auch Georg Wilhelm Pabsts «Westfront 1918» («Die Vier von der Infanterie», 1930). Sachlich und so authentisch wie möglich ging der österreichische Meisterregisseur ans Werk. Er zeigt Leben, Lieben, Wahnsinn und Sterben inmitten von Dreck, Hunger, Elend und sadistischer Roheit. Dabei verzichtet er ganz auf die sonst übliche Filmmusik.
Mit Euphorie und viel Unbeschwertheit beginnt der Film «Gallipoli» (1981) des Australiers Peter Weir. Im Zentrum stehen die beiden Freunde Archy und Frank (Mark Lee, Mel Gibson). Sie melden sich als Freiwillige und gelangen vom anderen Ende der Welt mit dem Anzac-Regiment nach Europa, um hier an einer sinnlosen Schlacht teilzunehmen. In der Schlusseinstellung wird Archy tödlich getroffen, als eines von 100 000 Opfern der Schlacht. Das Bild friert ein – damit zitiert Peter Weir die berühmte Fotografie von Frank Capra aus dem Spanischen Bürgerkrieg.
Die Lage der Schweiz
Die Schweiz wurde vom direkten Kriegsgeschehen verschont, aber auch hier kam es zu Erschütterungen und Umwälzungen. Die breit angelegte Ausstellung «14/18 – Die Schweiz und der Grosse Krieg» zeigt die politisch-gesellschaftlichen Veränderungen auf. Vermittelt wird das Thema multimedial mit meist unveröffentlichten Fotos, Filmen und weiteren Dokumenten.
«Im Feuer der Propaganda» heisst die Berner Ausstellung, sie sich auf den Propagandakrieg und die grosse innere Zerrissenheit der Schweiz während des Ersten Weltkriegs konzentriert. Davon zeugen Zeitungen, Zeitschriften, Plakate, Postkarten, Fotografien, Grafik, Flugblätter, Bücher und Filme.
Im Internet ist die Ausstellung «European Film and the First World War» zu sehen, eine Auswahl des europäischen Projekts «European Film Gateway 1914». Dafür haben 30 Filmarchive grosse Teile ihrer Sammlung zum Ersten Weltkrieg digitalisiert: total 6100 filmische Dokumente von 740 Stunden Dauer!
Überblick: Der Erste Weltkrieg in Bildern
Comics
Joe Sacco
«Der Erste Weltkrieg –Die Schlacht an der Somme»
24 Blätter, Leporello 7 Meter, Begleitheft d/f
(Edition Moderne 2014).
Jacques Tardi
«Grabenkrieg» (1993)
128 Seiten, Neuauflage
(Edition Moderne 2014).
Jaques Tardi/Jean-Pierre Verney
«Elender Krieg 1914–1919» (2008)
144 Seiten, Gesamtausgabe
(Edition Moderne 2014).
Ausstellungen
Im Feuer der Propaganda. Die Schweiz und der Erste Weltkrieg
Do, 21.8.–So, 9.11.
Museum für Kommunikation Bern
www.mfk.ch
1914/18 – Bilder von der Grenze
Bis So, 12.10.
Fotostiftung Schweiz Winterthur
www.fotostiftung.ch
14/18 – Die Schweiz und der Grosse Krieg
Fr, 29.8.–So, 26.10.
Schweizer Landesmuseum Zürich
www.nationalmuseum.ch
Sa, 23.8.–Do, 19.2.15
Historisches Museum Basel
www.hmb.ch
weitere Orte ab 2015:
www.ersterweltkrieg.ch
DVDs
All Quiet On The Western Front
(Im Westen nichts Neues)
Regie: Lewis Milestone, USA 1930
DVD, 128 Minuten
(Universal 2005).
Westfront 1918
Regie: G.W. Pabst, D 1930,
DVD, 88 Minuten
(Universum 2006).
La Grande Illusion
(Die grosse Illusion)
Regie: Jean Renoir, F 1937,
DVD, 103 Minuten
(Süddeutsche Zeitung Cinemathek 2006).
Paths Of Glory
(Wege zum Ruhm)
Regie: Stanley Kubrick, USA 1957,
DVD, 83 Minuten
(Zweitausendeins 2012).
Gallipoli
Regie: Peter Weir,
Australien 1981,
DVD, 107 Minuten
(Paramount 2009).
Online-Filme
European Film Gateway 1914
740 Stunden, 6100 Dokumente, Filme + Virtuelle Ausstellung
European Film Gateway
www.europeanfilmgateway.eu/de/content/efg1914-projekt