Mit 44 legt Arno Camenisch sein 13. Buch vor. Es wurde sehnlichst erwartet von seiner Fangemeinde, argwöhnisch auch – wie der Zweitling eines überraschenden Jungautors. Denn der Bündner hat den Verlag gewechselt, bezeichnet sein Werk erstmals als Roman und schlägt einen partiell neuen Ton an. Die Kritik reagierte gnadenlos, sprach von «abhandengekommener Sprache» (NZZ Magazin), «Geschwafel » gar (Tages-Anzeiger). Dabei erfüllt Camenisch just die wiederholten Forderungen gerade jener Kritiker, er solle sich endlich von den melancholisch- witzigen Szenerien seiner alten Heimat Surselva lösen. Diesen Wandel vollzieht er nun, macht ihn gar zum Thema: «Vielleicht kommst du nur so dem auf die Spur, der du wirklich bist, indem du die Strukturen aufbrichst und dich von allem löst.» «Die Welt» führt nach Buenos Aires, Hongkong, Brisbane und berichtet von bis anhin dunklen Stellen der eigenen Biografie. Von Aus- und Aufbrüchen, vom ziellosen Unterwegssein und unerwarteten Ankommen. Wie in früheren Büchern seine kurligen Protagonisten, hangelt sich nun Ich-Erzähler Camenisch assoziativ vom Erdbeben zum Liebeskummer, vom Schicksal zum Zufall und collagiert damit ein Abbild seiner Welt, die sich mit jener seiner Leserinnen und Leser deckt. Dies tut er noch immer rhythmisch verschlauft, aber weniger sprachverspielt und ohne romanische Einsprengsel. «Man spürt sehr deutlich, wenn etwas vorüber ist», schreibt er, «nur braucht es auch den Mut, sich das einzugestehen und die Konsequenzen zu ziehen ». Willkommen in der neuen «Welt» des Arno Camenisch.
Arno Camenisch
Die Welt
138 Seiten (Diogenes 2022)
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