Bestseller: Schuld und Vergebung
Zora del Buono macht sich in ihrem autofiktionalen Roman «Seinetwegen» auf die Suche nach ihrem Vater. Eine spannende Recherche.
Inhalt
Kulturtipp 17/2024
Letzte Aktualisierung:
12.08.2024
Frank von Niederhäusern
Von einem Trauma spricht sie nie, eher von einer Lebenslücke. Und als sie ihre demente Mutter ins Pflegeheim bringen muss, will die Zürcher Journalistin und Autorin Zora del Buono (61) endlich mehr über ihren Vater erfahren, der bei einem Autounfall starb, als sie acht Monate alt war. Zwar hat sie ihn kaum je vermisst: «Eine vaterlose Kindheit bedeutete für mich nichts anderes, als mit Mama allein zu sein.» Doch nun schlummert Mama langsam weg, sodass sich die Tochter auf ...
Von einem Trauma spricht sie nie, eher von einer Lebenslücke. Und als sie ihre demente Mutter ins Pflegeheim bringen muss, will die Zürcher Journalistin und Autorin Zora del Buono (61) endlich mehr über ihren Vater erfahren, der bei einem Autounfall starb, als sie acht Monate alt war. Zwar hat sie ihn kaum je vermisst: «Eine vaterlose Kindheit bedeutete für mich nichts anderes, als mit Mama allein zu sein.» Doch nun schlummert Mama langsam weg, sodass sich die Tochter auf die Suche nach ihrem Vater macht.
Sie geht ihr Vorhaben so an, dass sie nach dem damaligen Unfallverursacher sucht, dem «Mörder» ihres Vaters, von dem sie nur die Initialen E. T. kennt. In einer gross angelegten Recherche reist sie zum Unfallort bei Mollis im Glarnerland, versucht dort, mit den Leuten zu sprechen, meist vergeblich. Sie sucht nach Akten, wird fündig bei Ämtern und im Wäscheschrank ihrer Mutter, schliesslich bei einem detektivisch begabten Archivar.
Auf assoziative Weise durchsetzt del Buono ihre Recherche mit Listen und Statistiken, berichtet von Begegnungen und literarischen Fundstücken, etwa in Roland Barthes «Tagebuch der Trauer». So wird ihr Buch zum Spektrum ihres bisherigen Lebens und der jeweiligen Zeitgeschichte, zum multiplen Essay über Autos, Hunde, Demenz und Empathie, über Anna Göldi oder James Dean, pendelnd zwischen Glarus, Zürich und Berlin. Eine anregende Lektüre über Erinnerung und Wahrheitsfindung, über Einsamkeit und Lebenslust, Schuld und Vergebung.
Lesung
Mi, 4.9., 19.00 Literaturhaus Zürich
Buch
Zora del Buono
Seinetwegen
204 Seiten
(C. H. Beck 2024)