«Die Passstrasse war wie jedes Jahr mit Pauken und Trompeten am 15. Oktober geschlossen worden.» Bitte was? Verbergen sich da womöglich Instrumente am Wegesrand? Nein, Philipp Gurts jüngster Krimi schreckt vor Sprachbildern des Grauens nicht zurück, und noch viel weniger vor geballter Adjektivitis. Wobei ein «schlafender See» auf gefühlt jeder zehnten Seite offenbar zum Grundwortschatz des 55-jährigen Bündner Autors gehört. Dabei wäre die Handlung von «Bündner Sturm» so übel nicht: Im Val Roseg bei Pontresina, so berichtet ein gewisser Lederhosen-Django, soll eine Leiche im leichten Sommerkleidchen liegen.

Als Giulia de Medici, Chefermittlerin der Bündner Kantonspolizei, ausrückt, werden in der zuhinterst im Tal liegenden Chamanna Coaz zwei weitere Tote gefunden. Giulias Vorgesetzter will unbedingt die Seriennummer der Uhr der 20-Jährigen in Erfahrung bringen, die der schmelzende Gletscher freigegeben hat. Und irgendwo irrt ein Westschweizer Geistlicher namens Jérôme herum, der nicht so fromm ist, wie man meinen könnte. Als Jugendlicher hatte er geglaubt, die Krebserkrankung seiner Mutter selbst verschuldet zu haben, weil er sich der schönen Claudette hingab. Worauf er vergeblich versuchte, «seine Sünde zu verwässern».

Was immer das heisst. Klischees und schiefe Formulierungen: Wer die volle Ladung will, ist hier richtig, muss aber ein zeitliches und örtliches Vorund Zurückspringen aushalten. Und Beschreibungen über sich ergehen lassen, die manchmal an eine miese Parodie denken lassen: «Das letzte Tageslicht rang mit der Dämmerung seinen täglichen Kampf, bei dem der Sieger immer schon feststand.» Gnade, bitte.

Buch
Philipp Gurt - Bündner Sturm
304 Seiten (Kampa 2023)