Der Fall «Bündnerfleisch» steckt Giulia de Medici noch immer in den Knochen. Mit diesem Fahndungserfolg war die Chefermittlerin der Kantonspolizei Graubünden zum Me­dien­star ge­-worden. Vor allem die Boulevardpresse hatte sie aber eher als Pin-up-Girl denn als seriöse Polizistin ins Bild gesetzt. Nun gerät de Medici per Zufall in ihren fünften Fall – während ihrer Ferien im idyllischen Hochtal Sapün. Und sofort sind die Journalisten und Fotografen aus dem Unterland vor Ort und gehen ihr buchstäblich an die Wäsche.

Was klischiert klingt, trifft den Ton des Krimis aus der Feder des Bündners Philipp Gurt. Der an sich begabte und gewandte Schreiber tappt in fast jede Klischeefalle. Seine Protagonistin ist nicht nur ausnehmend hübsch, sondern auch eine schlagfertige Seconda, durchtrainiert und die beste Schützin im Kanton. Wenn ihre Kollegin Nadia Caminada sie einmal als Lara Croft bezeichnet, ist dies nur vordergründig ironisch zu lesen. Dass sich der Autor in seine Superpolizistin verguckt hat, ginge ja noch, doch auch die anderen Frauenfiguren treten auf als ländliche Unschuldsengel, Beizerinnen im Dirndl oder halbnackte Wasserleichen.

Schade, denn der fünfte Fall von Giulia de Medici ist eigentlich spannend und durchdacht vertrackt konstruiert. Zudem spielt er vor berauschender Kulisse, die sich von der Linthebene in die Bündner Hochtäler erstreckt. Doch auch für diese Schauplätze findet Philipp Gurt Beschreibungen, die einem ­Prospekt von Graubünden Tourismus entnommen wirken. Lesenswert für Freunde von Regiokrimis, aber auf eigene Gefahr.

Buch
Philipp Gurt 
Bündner Abendrot
352 Seiten
(Kampa 2022)