Bestseller: Ein Schrank voller Erinnerungen
Elke Heidenreichs neuer Erzählband «Männer in Kamelhaarmänteln» ist ein witziger und persönlicher Streifzug durch die verrückte Welt der Mode.
Inhalt
Kulturtipp 26/2020
Babina Cathomen
Mal urkomisch, mal melancholisch, mal tiefsinnig, mal flapsig: Die Literaturkritikerin und Autorin Elke Heidenreich beherrscht die Kunst der Anekdote und vermag im neuen Buch mit «kurzen Geschichten über Kleider und Leute» bestens zu unterhalten. Der Buchtitel bezieht sich auf Heidenreichs Vater, den nonchalanten Frauenheld im Kamelhaarmantel, der früh aus ihrem Leben verschwand und mit seinen Mode-Geschenken stets danebenlag. Auch Modezar Karl Lagerfeld, der i...
Mal urkomisch, mal melancholisch, mal tiefsinnig, mal flapsig: Die Literaturkritikerin und Autorin Elke Heidenreich beherrscht die Kunst der Anekdote und vermag im neuen Buch mit «kurzen Geschichten über Kleider und Leute» bestens zu unterhalten. Der Buchtitel bezieht sich auf Heidenreichs Vater, den nonchalanten Frauenheld im Kamelhaarmantel, der früh aus ihrem Leben verschwand und mit seinen Mode-Geschenken stets danebenlag. Auch Modezar Karl Lagerfeld, der in den 80ern Gast in Heidenreichs Talkshow war, traf ihren Geschmack nicht ganz, bewies dafür aber Selbstironie: Er schenkte ihr eine riesige Flasche Chanel-Parfüm, nachdem sie ihn vor laufender Kamera darauf aufmerksam gemacht hatte, dass er eine blaue und eine schwarze Socke trug. Sich selbst wiederum schenkte Heidenreich einen extravaganten Hut mit Feder zu einem besonderen Anlass: Sie hatte 1992, fast 50-jährig, ihr erstes Buchmanuskript abgeschickt. «Ich brauchte diesen Hut, um die andere zu sein, die ich jetzt, als Vielleicht-Schriftstellerin, gerade geworden war.»
Denn auch darum geht es in «Männer in Kamelhaarmänteln»: Wie wir unser Selbstbild durch Kleidung verändern wollen, inwiefern Kleider Leute machen – und warum man in Samt und Seide wohl eher nicht an die Currywurstbude essen geht. So gehen Heidenreichs Kurzgeschichten auch über das Persönliche hinaus, etwa, wenn sie von Coco Chanel oder Künstlerin Frida Kahlo schreibt, für die Kleider eine regelrecht befreiende Kraft hatten.
Buch
Elke Heidenreich
Männer in Kamelhaarmänteln
224 Seiten
(Hanser 2020)