Bestseller: Der Glückskeks im Roman
Kitsch oder Trost? Diese Frage stellt sich nach der Lektüre von Clara Maria Bagus’ neuem Roman «Die Farbe von Glück».
Inhalt
Kulturtipp 03/2021
Babina Cathomen
Die Kritiken auf Online-Plattformen reichen von «herzergreifend» bis zu «Rosamunde Pilcher für Esoteriker». Über Clara Maria Bagus’ Bestseller lässt sich vortrefflich streiten. Sicher ist: «Die Farbe von Glück» ist ein als Roman getarnter Lebensratgeber.
An sich klingt die Ausgangslage der Geschichte vielversprechend: Ein Richter begeht einen fatalen Fehler, als er eine Pflegerin im Spital zwingt, sein todk...
Die Kritiken auf Online-Plattformen reichen von «herzergreifend» bis zu «Rosamunde Pilcher für Esoteriker». Über Clara Maria Bagus’ Bestseller lässt sich vortrefflich streiten. Sicher ist: «Die Farbe von Glück» ist ein als Roman getarnter Lebensratgeber.
An sich klingt die Ausgangslage der Geschichte vielversprechend: Ein Richter begeht einen fatalen Fehler, als er eine Pflegerin im Spital zwingt, sein todkrankes Neugeborenes gegen ein gesundes zu tauschen. Wie diese Entscheidung das Leben dreier Familien beeinflusst, davon erzählt die in Bern lebende Schriftstellerin und Psychologin Clara Maria Bagus. Wie ihr Mann, der Bestseller-Autor Rolf Dobelli, setzt sie auf Lebenshilfe. Das Problem dabei: Fast jeder Satz klingt wie ein Kalenderspruch oder eine Glückskeks-Weisheit. Charaktere und Handlung bleiben blass und eindimensional, es gibt keinen Spannungsaufbau, keine authentischen Gespräche. Die Protagonisten sprechen alle im selben Tonfall und tauschen ihre sich wiederholenden Lebensweisheiten aus. Sprachlich eintönig werden da etwa alle zehn Seiten «die Flügel ausgebreitet», um den Weg zum Glück zu finden.
Natürlich haben manche der Lebensweisheiten aus dem Roman durchaus ihre Berechtigung. Und es klingen einige Fragen an, die viele Sinnsuchende beschäftigen. Ob das wohltuende Erbauungsliteratur ist, die Trost in unsteten Zeiten verspricht, oder einfach nur Kitsch, das kann jeder selbst entscheiden.
Die Farbe von Glück
Clara Maria Bagus
352 Seiten
(Piper 2020)