Vor dem Zahltag sind die nächtlichen Freier rund um das Bundeshaus rar. Dennoch geht die Prostituierte Renate Berger anschaffen, denn sie braucht dringend Geld, um sich Heroin zu besorgen. «Todesstrich» lautet der Titel des Milieukrimis der Berner Autorin Christine Brand, eine Neufassung ihres Debütromans aus den Nullerjahren. Das Buch liest sich wie eine Sozialreportage aus den Tagen des offenen Drogenelends, als es noch keine kontrollierte Heroinabgabe gab.

Eine Prostituierte wird ermordet, dann eine weitere und nochmals eine, diesmal Renate Berger, Mutter zweier Kleinkinder. Die Berner Kriminalpolizei geht von einem Serientäter aus und stellt die Sonderkommission «Todesstrich» zusammen. Die Einheit steht unter der Leitung einer energischen Ermittlerin, die gar nichts fürchtet – ausser dass sie abends zu spät zum Nachtessen erscheint, das ihr fürsorglicher Ehemann jeweils zubereitet. Parallel zu dieser Erzählung berichtet Brand von einem sadistischen Emmentaler Bauern.

Er kann es gut mit seinen Kühen, aber nicht so mit den Frauen. Bald schon wird den Lesern klar, dass er mit den Milieumorden in Verbindung steht. Christine Brand erzählt das Drama auf dem Berner Strassenstrich direkt und unsentimental. Sie zeichnet ihre Charaktere differenziert und einfühlsam, und man glaubt, ihnen nahezukommen. Dabei versorgt sie ihre Leserinnen und Leser stets mit etwas mehr Informationen, als die Protagonisten selbst im Lauf der Handlung haben. So steht weniger die Frage nach dem Wer als jene nach dem Wie im Mittelpunkt.

Buch
Christine Brand
Todesstrich
332 Seiten
(Atlantis 2023)