Früh erkennen die Eltern Schmidt in Königsberg das Talent ihrer Tochter Käthe und ermöglichen ihr ein Kunststudium in Berlin und München. Dort geniesst die 1867 Geborene das freie Leben, besucht Tanzlokale und beteiligt sich am politischen Diskurs. Kaum 24, heiratet sie den jungen Arzt Karl Kollwitz und bekommt mit ihm zwei Söhne.
Erfolg dank Ablehnung
Diese oft übersehene fröhliche und lebensbejahende Seite, die sich die deutsche Künstlerin Käthe Kollwitz in schweren Zeiten bewahrte, stellt Kunsthistorikerin und Kollwitz-Expertin Alexandra von dem Knesebeck in den Vordergrund ihres Buches. Zu Beginn lässt sie Hans Kollwitz seine Mutter schildern: «Menschen (. . .), die sie nur von ihren Arbeiten her kennen, kennen nur einen Teil von ihr, und nicht den, der Freude hatte an der Bejahung, an den jungen Menschen, am Witz, am Lachen, am Übermut, an der Komik.»
Die neu erschienene Biografie über Käthe Kollwitz lebt von Bildern, informativen Texten und Anekdoten. Etwa, wie Kaiser Wilhelm II. persönlich verhinderte, dass ihr der Kunstpreis verliehen wurde: «Ich bitte Sie, meine Herren, eine Medaille für eine Frau, (…) das käme ja einer Herabwürdigung jeder hohen Auszeichnung gleich!» Diese prominente Ablehnung sorgte dafür, dass die Künstlerin schlagartig in ganz Deutschland bekannt wurde.
Sinn für tiefe Schönheit
In den Kunstwerken von Käthe Kollwitz äussert sich ihre sozialdemokratische Überzeugung. Inspiriert von der naturalistischen Malerei, fand sie in der Darstellung des Proletariats eine tiefe Schönheit. Zugleich übte sie damit konkrete Sozialkritik. So im berühmten «Weberzyklus», einer druckgrafischen Folge zur Not der Weber nach dem Dramatiker Gerhart Hauptmann. «Die Menschlichkeit dieser Künstlerin, die auf ihren Selbstbildnissen so ernst erscheint, ihr Mitgefühl und ihre Fähigkeit zum Mitleiden zogen die Menschen in ihren Bann», schreibt von dem Knesebeck.
Das Werk von Käthe Kollwitz ist geprägt von schweren Schicksalsschlägen: Ihr jüngster Sohn Peter fällt als Soldat im Ersten Weltkrieg. Im Zweiten Weltkrieg verliert sie den gleichnamigen Enkelsohn. Ihre Kunst zeugt von Trauer und bitterer Anklage, vom «Erzklang des Lebens», wie sie selbst es mit Goethes Worten ausdrückte.
Innere Emigration
In den Jahren der Weimarer Republik (1918–1933) erlebte Käthe Kollwitz ihre berufliche Blütezeit und erhielt zahlreiche Aufträge für Plakate und Flugblätter mit humanitären und pazifistischen Anliegen. Bald nach Machtübernahme der Nazis 1933 wurde es in Deutschland für die bekennende Sozialdemokratin gefährlich; ihre Werke durften nicht mehr ausgestellt werden. Wie viele andere Künstler begab sich Käthe Kollwitz in die innere Emigration und starb 1945, kurz vor Kriegsende, im sächsischen Moritzburg.
Käthe Kollwitz zählt bis heute zu den bedeutendsten deutschen Künstlerinnen. Mit viel Einfühlsamkeit verschafft Alexandra von dem Knesebeck, die unter anderem das grafische Werkverzeichnis von Käthe Kollwitz neu bearbeitet hat, einen lebensnahen Eindruck von der grossen Künstlerin und ihrem Werk.
Buch
Alexandra von dem Knesebeck
«Käthe Kollwitz»
96 Seiten
(Wienand 2016).