Der Berner Künstler Baze hat zu einem speziellen Treffen geladen. Für den kürzlich erschienenen Song «Ü40 – Klasseträffe» hat er fast alle Pioniere des Schweizer Rap versammelt. Während 15 Minuten rappen die rund 20 Pro-tagonisten wortgewandt über die Gebrechen, die einen ab 40 erwarten, pendeln mit sprachlichem Witz und Ironie zwischen Auftritten am Samstag und Brötchen schmieren für die Kids am Montagmorgen.
Baze, der mit bürgerlichem Namen Basil Anliker heisst, reisst die Fenster des Gemeinschaftsateliers auf, wo er sich im obersten Stock des Berner Kulturzentrums Progr mit vier Freunden eingemietet hat. Schwere Regenwolken, die sich bald über der Stadt entleeren werden, hängen am Himmel. Schwülheiss mag er nicht. Dafür Espresso schwarz, dazu eine Zigi.
Das Projekt «Ü40» sei eine Hommage an die Schweizer Hip-Hop-Pioniere, welche die junge Kulturszene ab den späten 80ern in der Schweiz etabliert hat, erzählt der 42-Jährige. Er selbst gehört seit den späten 90ern dazu, machte in Gastauftritten mit seiner eigenen Sprache und seinem Rhythmus auf sich aufmerksam. Kurz darauf folgten Einzelproduktionen, die ihn über die Szene hinaus bekannt machten. Das ist fast 25 Jahre her. Seitdem hat sich Baze vom flowenden Rapper zum vielseitigen Musiker in verschiedensten Formationen gewandelt. Zuletzt vor zwei Jahren, als er gemeinsam mit dem Jazzmusiker Fabian Müller die Band Kraake startete. Die beiden werfen mit atmosphärischer Musik einen ehrlichen Blick auf das Leben.
In eine Schublade stecken lässt er sich nicht
So vielfältig wie seine Projekte ist Baze selbst. Je nach Gemütslage ändern sich seine Musikpräferenzen. Mal hat er Lust auf Metal, mal auf Country, mal auf ein Stück von Cantautore Paolo Conte. Abwechslung inspiriert, Immergleiches langweilt ihn. Und es widerstrebt ihm, pauschal kategorisiert zu werden. Versucht man, ihn in eine Schublade zu stecken, wehrt er sich. Man sagt über ihn auch, er schwimme gegen den Strom. Anliker meint aber: «Ich bin noch lange kein Rebell, nur weil ich mache, worauf ich Lust habe.»
So berührt er mit seiner direkten, klaren und ungeschönten Sprache, kehrt sein Inneres nach aussen, schreibt über Begegnungen. Er versucht, das Alltägliche abzubilden, und stellt deshalb auch die profanen Fragen des Lebens: Wer bin ich? Wo will ich hin? Was halte ich für richtig, was für falsch? Dabei schwankt er zwischen Stolz, etwas Hochmut und viel Selbstzweifel. Wäre er weniger kritisch, würde er weniger sperrige und melancholische Texte schreiben, meint Anliker. Nicht nur sprachlich, sondern auch visuell zeigt der gelernte Grafiker mit den selbst gestalteten Covers seine eigene Handschrift. Seine Musik erscheint so als vielschichtiges Gesamtwerk.
Baze & Fabian M. Müller & Fred Bürki – Kraake
Mi, 13.7., Gugus Gurte Festival Heitere Fahne Wabern BE
www.baze.ch
Bazes Kulturtipps
Buch
Mark Oliver Everett: Glückstage in der Hölle – Wie die Musik mein Leben rettete (Kiepenheuer & Witsch 2009)
«Eine der besten Musikerbiografien, die ich je gelesen habe. Traurig und humorvoll zugleich. Das Leben in all seinen Facetten.»
Vinylalbum
Mnevis: The Course of Events (Red Brick Chapel 2021)
«Eine luftige Mischung aus Folk-Pop-Indie – richtig gute Musik aus der Schweiz.»
Ausstellung
Let’s talk about Mountains – Eine filmische Annäherung an Nordkorea
«Eine eindrückliche Ausstellung über Nordkorea: Mich fasziniert, dass so viele Menschen einer Person folgen, diese Abschottung, dieses Totalitäre.»
Bis So, 25.9.
Alpines Museum Bern