Knabbern Insekten ihre Blätter an, warnen Tabakpflanzen mit Duftstoffen sofort ihre Nachbarn vor der Gefahr. Und Bäume helfen sich gegenseitig auch mal ganz selbstlos mit Nährstoffen aus. Als «Intelligenz der Pflanzen» bezeichnet der italienische Botaniker Stefano Mancuso solche Interaktionen. Und plädiert dafür, den Pflanzen vermehrt auf Augenhöhe zu begegnen. Ihm tut es der US-Biologe Ian Baldwin gleich, der deutlich sagt: «Wir sollten versuchen, wie Pflanzen zu denken.»
Was entsteht, wenn wir diese Aufforderung beherzigen, zeigt aktuell das Museum für Gestaltung. Die Ausstellung «Plant Fever» vereint rund 50 internationale Projekte aus den Bereichen Produktdesign, Mode und neue Technologien. Es sind allesamt Arbeiten, die sich mit einem frischen Blick Umwelt- und Sozialfragen zuwenden oder die vermeintlich simple Design-Aufgaben überraschend angehen.
Der niederländische Designer Tim van de Weerd etwa lässt seinen Blumentöpfen der Serie «Monstera collection» Wurzeln spriessen. Die Entwürfe sind nicht nur Hingucker, sondern erinnern uns daran: Auch bei einer Zimmerpflanze geschieht vieles in der Erde. Die Modedesignerin Liselore Frowijn, ebenfalls eine Niederländerin, arbeitet mit dem Vliesstoff Piñatex, einem Abfallprodukt aus dem Ananas-Anbau. Die Herkunft des Materials sieht man ihren avantgardistischen Entwürfen nicht mehr an. Futuristisch klingt wiederum das «Florence Project» von Helene Steiner. Die Forscherin griff auf die elektro-chemischen Signale zurück, um ein Kommunikationssystem zwischen Computer und Pflanzen herzustellen. Und der Brite Gavin Munro schliesslich denkt Produktionsabläufe neu: Er lässt Lampenschirme und Stühle aus Haselsträuchern oder Eschen wachsen. Zwar benötigt diese Art der Möbelproduktion etwas mehr Geduld, dafür fällt kein Abfallholz an.
Holz ist Thema der Parallelausstellung
Apropos Holz. Diesem widmet sich das Museum für Gestaltung explizit in der Parallelausstellung «Formafantasma: Cambio». Ausgehend von den Arbeiten des italienischen Designer-duos Formafantasma, bestehend aus Simone Farresin und Andrea Trimarchi, beleuchtet die Schau unsere Beziehung zu Bäumen als natürlicher Ressource. Diese liefern uns das Material für Kleidung, Möbel oder Papier, werden aber allzu oft in empfindlichsten Ökosystemen gefällt. Formafantasma stellt seinen Designs unter anderem Holzproben aus dem 19. Jahrhundert gegenüber. So finden sich Sitzmöbel aus Sturmholz neben Proben längst ausgerotteter Harthölzer. Farresin und Trimarchi verdeutlichen so, welche Verantwortung Designer bezüglich Sozial- und Umweltfragen tragen. Stehlen sie sich nicht aus der Pflicht, können es die Konsumenten auch nicht.
Plant Fever – Design aus der Pflanzenperspektive
Bis So, 3.4. Museum für Gestaltung Zürich
Formafantasma: Cambio – Baum, Holz, Mensch
Bis So, 8.5. Museum für Gestaltung Zürich