Ausstellungen: Kunst und Revolution
Das Kunstmuseum Bern und das Zentrum Paul Klee haben sich der russischen Verwerfungen angenommen.
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Kulturtipp 08/2017
Rolf Hürzeler
Kunst aus zwei Epochen. Dazwischen lagen keine Jahrhunderte – nur eine Revolution. Der Avantgardist Kasimir Malewitsch (1878–1935) hat das Wesen der Kunst so grundlegend verstanden wie kein Zweiter. Im Gegensatz dazu persiflieren die beiden russisch- stämmigen US-Künstler Komar & Melamid am Ende der Sowjet-Ära den sozialistischen Realismus. Unter der gemeinsamen Leitung zeigen nun das Berner Zentrum Paul Klee und das Kunstmuseum Be...
Kunst aus zwei Epochen. Dazwischen lagen keine Jahrhunderte – nur eine Revolution. Der Avantgardist Kasimir Malewitsch (1878–1935) hat das Wesen der Kunst so grundlegend verstanden wie kein Zweiter. Im Gegensatz dazu persiflieren die beiden russisch- stämmigen US-Künstler Komar & Melamid am Ende der Sowjet-Ära den sozialistischen Realismus. Unter der gemeinsamen Leitung zeigen nun das Berner Zentrum Paul Klee und das Kunstmuseum Bern Werke aus diesen beiden Epochen unter dem Titel «Die Revolution ist tot. Lang lebe die Revolution!»
Die Ausstellung im Zentrum Paul Klee zeigt die «Suprematistischen Kompositionen» des russischen Meisters Kasimir Malewitsch. Der Avantgardist war vor dem Ersten Weltkrieg die prägende Figur einer wegweisenden künstlerischen Moderne, bis ihn die Sowjets in den 1920ern zusehends schikanierten und er zur figurativen Malerei zurückkehren musste. Seine Werke belegen, wie fortschrittlich der Künstler war: Er reduzierte Form und Farbe auf ihre Essenz als eine Herausforderung an die Sinne und den Intellekt des Betrachters.
Nach der Oktoberrevolution vor bald 100 Jahren verkam die Kunst in kurzer Zeit zu politischer Propaganda: Sie hatte keinen Eigenwert mehr, sondern sollte sich in den Dienst einer angeblich besseren Gesellschaft stellen, die das zaristische Willkürregime nach einem kurzen bürgerlichen Intermezzo ablöste.
Aufgabenteilung zweier Museen
Diesen politischen, wenn auch nicht künstlerischen Aufbruch dokumentiert das Berner Kunstmuseum mit Werken aus der Sowjetzeit und danach. Das Gemälde «The Origins of Socialist Realism» aus der Endphase des Kalten Kriegs zeigt diesen Ansatz parodistisch perfekt. Die beiden russisch-stämmigen US-amerikanischen Künstler Vitaly Komar und Alexander Melamid zeigen den Diktator Stalin, der sich von einer Muse umgarnen lässt. Er hielt sich für einen Kunst- und vor allem Musiksachverständigen, der genau wusste, welche Kunst das Volk auf dem Weg in ein besseres materielles Leben weiterbringen würde. Zum Entsetzen von Künstlern wie Malewitsch, der Mitte der 1930er definitiv zur Unperson wurde und dessen Werke erst 1988 in der Perestroika wieder in seiner Heimatstadt Sankt Petersburg zu sehen waren.
Die beiden älteren Herren, Komar & Melamid, verstehen sich gemeinsam als ein Künstler. Sie gelten heute als die Begründer der «SotsArt», der sowjetischen nonkonformistischen Kunst, die nach ihrer Emigration über Israel in den USA Verbreitung fand.
Die Revolution ist tot. Lang lebe die Revolution!
Do, 13.4.–So, 9.7
Zentrum Paul Klee & Kunstmuseum Bern