Sogar über Luftfahrt könnte man von Rose Wylie noch etwas lernen. Mit all den Weltkriegs-Flugzeugen, die über die Himmel ihrer Gemälde surren. Mit der A400M-Transportmaschine, deren knuffige Snoopy-Nase in «Airbus» die Landung erschnüffelt. Mit dem Aufklärungs-Jet Lockheed SR-71, der in «Rescue Horse, Orange Border» heimlich Schwan und Pferd ausspäht. Jet, Schwan, Pferd? Bei Rose Wylie ist diese Kombination nicht weiter ungewöhnlich.
Ihr Mann malt, sie zieht drei Kinder gross
Das Museum Langmatt in Baden führt derzeit in das Œuvre der heute 86-jährigen britischen Künstlerin ein. Eine gute Handvoll grossformatiger Gemälde gibt es da zu sehen sowie eine Reihe kleinerer Papierarbeiten. Kurz wünschte man sich, die Villa Langmatt böte mehr Platz für Wylies erste Schweizer Schau. Doch die Essenz ihres Schaffens vermittelt die Ausstellung allemal. Und ein paar neue Wylie-Fans dürfte die Schau auch hervorbringen.
Von diesen gibt es im angelsächsischen Raum zwar mehr als in der Schweiz, jedoch auch noch nicht so lange. Entdeckt wurde die Künstlerin aus der Grafschaft Kent erst vor knapp zehn Jahren. Biografien wie jene von Rose Wylie werden in der Kunstwelt gerne gefeiert. Tatsächlich sagen sie aber vor allem viel über Rollenbilder aus. Im Grossbritannien der frühen 1950er besucht Rose Wylie das Folkstone and Dover College of Art. Ja, sie darf als Frau Kunst studieren, aber nein, zu einer Karriere als Künstlerin wird sie nicht ermutigt. Stattdessen heiratet Wylie den Künstler Roy Oxlade (1929–2014). Er malt, sie zieht drei Kinder gross. Erst 20 Jahre später nimmt Wylie selber wieder den Malpinsel in die Hand. Doch es vergehen weitere Jahrzehnte, bis ein breites Publikum auf ihre Bilder aufmerksam wird.
Naive Malerei, Pop-Art und Comic
Wylie indes nutzt die Jahre in der Anonymität, um ihren ganz eigenen Stil zu entwickeln: eine eigenwillige und fesselnde Mischung aus naiver Malerei, Pop-Art und Comic. Persönliche Erinnerungen und Filme, Kunstgeschichte und Sport, Zeitungsnachrichten und Glamour-Magazine sind ihre Inspiration. Ihre Szenerien bringt sie mit einfachen Pinselstrichen und aus dem Gedächtnis auf Leinwand und Papier. Sie versieht sie mit kruden, vermeintlich erklärenden Zeilen und legt ungeniert zeitliche sowie geografische Ebenen neben- und übereinander. So spielen sich in «Bagdad Cafe» gleich mehrere Szenen des Films «Out of Rosenheim» parallel ab.
Die Leichtigkeit, die viele von Wylies Bildern ausstrahlen, ist oft nur oberflächlich. So taucht zum Beispiel die Repräsentation des weiblichen Körpers immer wieder als zentrales Thema auf. Das Gemälde «E.R. and E.T.» etwa zeigt eine junge Elizabeth Taylor als Liegende. Ihr Blick strahlt Selbstbewusstsein aus. Doch schwebende Augen und Ohren umgeben die Schauspielerin – ein Kommentar auf die ständige Beobachtung und Bewertung, denen prominente Frauen ausgesetzt sind.
Das macht denn auch Wylies Faszination aus. Ihre Bilder sind spielerisch und verdichtet wie Kinderzeichnungen. Und gerade deshalb auch von seltener Dringlichkeit.
Rose Wylie
Bis Mo, 24.5.
Museum Langmatt Baden AG