Die Ausstellungsmacher wollen diese Schau gesellschaftskritisch verstanden wissen. «Die Pop-Ästhetik und das Versprechen einer ‹unschuldigen› und spielerischen Kinder- und Fantasiewelt kontrastieren mit der Realität neoliberaler Werbe- und Marktstrategien», heisst es zur Ausstellung.
Die Motive aus Videospielen, TV-Serien oder Comics kommentieren «die kapitalistische Produktion dieser Warenwelten». Das sind die einführenden Worte des Zürcher Migros Museums für Gegenwartskunst zur Gruppenausstellung «Toys Redux – On Play and Critique».
18 Kunstschaffende
Der Besucher findet die Werke von 18 Künstlerinnen und Künstlern – darunter die US-Amerikaner Cory Arcangel und Julia Wachtel oder die Britin Dawn Mellor. Aus der Schweiz sind der Zürcher Nic Hess, der gebürtige Baselbieter Vittorio Brodmann und Hannah Weinberger mit Werken vertreten.
Julia Wachtel: «Local», 2011
So niedlich kann das US-amerikanische Leben sein. Ein Pferd, daneben wohlfeil geordnete Entchen und Häschen – eine ländliche Idylle in Stereotypen. Auch das Vorstadthaus zeugt von Beschaulichkeit in der Pop-Art; einzig die auffällige Werbung vermittelt dem Betrachter einen unterschwelligen Hinweis, dass das Leben im Land der Verheissungen nicht immer paradiesisch ist: «Follow Us», befehlen Facebook und Youtube neben der Affiche eines Mobile-Anbieters. Die 59-jährige New Yorker Künstlerin Julia Wachtel vermittelt diesen Einblick in eine Kinderwelt mit Tücken unter dem simplen Titel «Local». Sie verfremdet emotional vertrautes Material der populären Kultur und zwingt damit den Betrachter zu einer neuen Sichtweise. Das «Frieze»-Magazin zitiert sie mit den Worten: «Meine
Arbeit dreht sich um unsere Selbstwahrnehmung und wie die Medien sie verändern.»
Jan Peter Hammer: «The Jungle Book», 2013
Der Berliner Künstler erinnert mit dem kurzen Video «The Jungle Book» an Kindersendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wie «Sesamstrasse» mit ihren politisch korrekten Absichten. Hammer sieht die Zukunft dieser Programme indes aus einer wirtschaftskritischen Perspektive. Darum lernen die jungen Zuschauer in seinem Video, wie sie sich in einer neoliberalen Gesellschaft zu behaupten haben. Frei nach der zynischen Erkenntnis: «Es gibt keinen Grund, warum ein Vierjähriger nicht selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen könnte.» Hammer ist mit seinem Video «The Anarchist Banker» berühmt geworden: Ein nach der Finanzkrise 2008 entstandenes fiktives TV-Interview mit einem Bankier nach einer literarischen Vorlage des portugiesischen Autors Fernando Pessoa.
Danny McDonald: «Credit Card Offering 2», 2012
Der 44-jährige New Yorker Danny McDonald wirft mit der Skulptur «Credit Card Offering 2» («Kreditkarte gefällig») einen amüsanten Blick auf den kommerziellen Kunstmarkt. Uncle Sam ist im Griff des Pleitegeiers und des Konsums – gefangen in den gesellschaftlichen Konventionen, wie sie der schicke Hut symbolisiert. Eine Ratte tanzt dem armen Uncle über das Gesicht, der sich gegen die Demütigung nicht wehren kann. Man kann das Objekt als eine Metapher auf die jüngste Wirtschaftskrise lesen, von der sich das Land jetzt langsam erholt. McDonald vermischt Popkultur mit ätzender Gesellschaftskritik, die zum Absurden neigt. Seine künstlerischen Konstrukte wirken spielerisch leicht hingeworfen, obgleich sie mit inniger Sorgfalt für das Detail gefertigt sind.
Toys Redux – On Play and Critique
Sa, 30.5.–So, 16.8. Migros Museum für Gegenwartskunst Zürich