Ausstellung: Tanzende Punkte
Das Kunstmuseum Basel widmet Sophie Taeuber-Arp eine grosse Retrospektive. Das facettenreiche Werk der Schweizer Avantgardistin regt noch immer an.
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Kulturtipp 07/2021
Simon Knopf
Sophie Taeuber-Arp, ist das nicht die Frau auf der 50-Franken-Note? Vielen dürfte ihr Porträt bekannt sein, das von 1995 bis 2016 den grünen Geldschein zierte. Manche kennen vielleicht ihre Dada-Köpfe. Immerhin. Eine verdiente Würdigung erhält Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) nun durch das Kunstmuseum Basel: Für die Retrospektive «Gelebte Abstraktion» spannt das Haus mit dem Museum of Modern Art in New York und der Tate Modern in Lo...
Sophie Taeuber-Arp, ist das nicht die Frau auf der 50-Franken-Note? Vielen dürfte ihr Porträt bekannt sein, das von 1995 bis 2016 den grünen Geldschein zierte. Manche kennen vielleicht ihre Dada-Köpfe. Immerhin. Eine verdiente Würdigung erhält Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) nun durch das Kunstmuseum Basel: Für die Retrospektive «Gelebte Abstraktion» spannt das Haus mit dem Museum of Modern Art in New York und der Tate Modern in London zusammen und zeigt über 250 Werke von der Pionierin der abstrakten und konkreten Kunst.
Mit unbändiger Experimentierlust
Die ausgebildete Textildesignerin und Holzbildhauerin verkörperte die Idee der Avantgarde mit beispielloser Konsequenz, indem sie Kunst und Kunsthandwerk zusammenführte. In den 1910ern wird sie Teil der Zürcher Dada-Bewegung. Bald erweitert sie ihr künstlerisches Repertoire um den Ausdruckstanz, bald um abstrakte Malerei, gar Innenarchitektur.
Die Schau in Basel geht Taeuber-Arps Entwicklung chronologisch nach. So kriegen Besucher etwa das originale Marionetten-Set zu sehen, das sie 1918 für die adaptierte Commedia dell’Arte «König Hirsch» fertigte. Ausgestellt wird aber auch ihr textiles Schaffen: Arbeiten, die mit ihren kräftig-farbigen Mustern und schematisierten Vögeln noch immer modern wirken.
Gänzlich der Abstraktion zugewandt hat sich die Künstlerin in einer Reihe von Gemälden, die im Paris der 1930er entstanden sind. Vielleicht eine der faszinierendsten Werkgruppen Taeuber-Arps. In «Bewegtes Kreisbild» (siehe oben)von 1934 oder «Composition à cercles et demi-cercles» von 1938 ordnet sie verschiedenfarbige Kreise und Halbkreise zu Rastern. Doch wer Nüchternheit befürchtet, sollte genauer hinschauen: Hier hat Taeuber-Arp klammheimlich den Abstand zwischen zwei Kreisen verringert, anderswo lässt sie diese gleich ganz aus dem Muster ausbrechen. So wirkt es, als begännen die Kreise zu tanzen.
Das Spiel mit den Farben, Geometrien und Rhythmen wird sie auch in den Jahren darauf weiterführen. Und wäre sie nicht 1943 durch eine Kohlenmonoxid-Vergiftung ums Leben gekommen, wer weiss, wohin sie ihre unbändige Experimentierlust noch geführt hätte. Was bleibt, ist das Erbe einer Künstlerin, deren facettenreiches Schaffen die Betrachter noch heute herausfordert. Wie halten wir es mit der Abgrenzung von Kunst und Kunsthandwerk? Sophie Taeuber-Arps Werk schreit förmlich: Nieder mit kunsthistorischen Kategorien, weg mit jeglichem Schubladendenken. Welch zeitlos erfrischende Botschaft!
Sophie Taeuber-Arp – Gelebte Abstraktion
Sa, 20.3.–So, 20.6.
Kunstmuseum Basel