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In den Köpfen sind Gräben doch immer am grössten. Auch die Kluft zwischen Stadt und Land. Hier Einsamkeit und Lärm, dort Gemeinschaft und Idylle. Von wegen! Das Kunstmuseum Thun greift sich eine Schaufel und schüttet den Stadt-Land-Graben mit seiner neuen Ausstellung zu. Ins Zentrum von «StadtLand-Fluss» stellt es einen Künstler, der schon seiner Biografie wegen für diese Position prädestiniert ist: Gustav Stettler (1913– 2005). Stettler kommt im Bernischen Oberdiessbach zur Welt und lebt nach dem Tod seines Vaters bei einer Bauernfamilie.
Er absolviert eine Lehre als Flachmaler und zieht anschliessend nach Basel, wo er neben der Arbeit Kurse an der Allgemeinen Gewerbeschule besucht. Nach seinem Aktivdienst vermag sich Stettler in den 1940ern als Künstler zu positionieren und gehört schliesslich zu den Gründungsmitgliedern der Künstlergruppe Kreis 48.
Städtische Anonymität und Entfremdung
Der Städter mit ländlicher Prägung: Dieser Kontrast schlägt sich auf verschiedene Arten in Stettlers Malerei nieder. In seinen dunkeltonigen, von der Stimmung der Kriegsjahre geprägten Arbeiten der frühen 1940er-Jahre greift der Maler Themen wie urbane Anonymität und die Entfremdung des Menschen auf. Häuserfassaden ragen bis zum oberen Bildrand, die menschenleeren Stadtlandschaften gleichen undurchdringlichen Labyrinthen.
Malt Stettler dann doch Menschen, zeigt er sie als hagere Figuren, die meist aneinander vorbeiblicken. Allenthalben herrscht Schwermut. Ab den 1950ern hellt sich Stettlers Palette auf, und die Stadt wird zum Raum der Möglichkeiten. Der Künstler porträtiert «Teenager» und «Hippies», die mit aufgeschlossenen Gesichtern einer sich langsam öffnenden Gesellschaft entgegenblicken. Dafür weht jetzt eine stille Melancholie über Gustav Stettlers lichtgetränkten toskanischen Landschaften.
Oberländer Damen versus urbane Kulturszene
Stettlers Verhältnis zu Stadt und Land bleibt also über seine gesamte Karriere hinweg dynamisch. Diesen Umstand macht sich Museumsdirektorin und Kuratorin Helen Hirsch zu eigen und paart Stettlers Arbeiten für «Stadt-Land-Fluss» mit thematisch verwandten Werken aus der wunderbaren Sammlung des Hauses.
So entsteht ein Bilderraum, der die Besucher anregt, über eigene Vorstellungen von Urbanität und Landleben nachzudenken, neue Assoziationen zuzulassen. Klara Cécile Borters «Nachbarinnen» von 1913 scheinen ebenso verschwiegen wie Stettlers Galeriebesucher. Hier Berner Oberländer Damen, dort die coolen Vertreter der urbanen Kulturszene – steht es nicht beiden zu, einfach mal nichts sagen, nicht interagieren zu müssen?
Willi Wabers Ansichten von Thun wiederum strahlen dieselbe Ruhe und Idylle aus wie Anna Gustavine Spühlers bezaubernde «Spiezerbucht». Diese ist übrigens nur acht Zugminuten und einen kurzen Fussmarsch von Thun entfernt. Stadt und Land sind in der Schweiz eben nie weit voneinander entfernt.
Stadt-Land-Fluss – Gustav Stettler im Dialog mit der Sammlung
Sa, 10.2.–So, 21.4.
Kunstmuseum Thun BE
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