Ausstellung: Schriftsteller in Ekstase
Der Zürcher Strauhof geht in einer Ausstellung dem Schreibrausch auf die Spur – mit Originaldokumenten von Jack Kerouac bis Friedrich Dürrenmatt.
Inhalt
Kulturtipp 04/2017
Babina Cathomen
Goethe schrieb seinen berühmten «Werther» in vier Wochen – «einem Nachtwandler ähnlich», wie er festhielt. Der Beat-Poet Jack Kerouac liess sich vom Free Jazz inspirieren und hämmerte seine Texte einem assoziativen Gefühl folgend in rasender Geschwindigkeit in die Schreibmaschine. Und die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916) geriet in einen solchen Schreibrausch, dass sie ihr Notizheft bis zur Unleserlichkeit dicht bes...
Goethe schrieb seinen berühmten «Werther» in vier Wochen – «einem Nachtwandler ähnlich», wie er festhielt. Der Beat-Poet Jack Kerouac liess sich vom Free Jazz inspirieren und hämmerte seine Texte einem assoziativen Gefühl folgend in rasender Geschwindigkeit in die Schreibmaschine. Und die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916) geriet in einen solchen Schreibrausch, dass sie ihr Notizheft bis zur Unleserlichkeit dicht beschriftete, kreuz und quer, sich oft überlagernd.
Die neue Ausstellung im Museum Strauhof widmet sich einem Phänomen, das Schreibende seit der Antike beschäftigt: Worte wie im Rausch aufs Papier zu bringen, galt schon bei Platon als Ideal der Kreativität. Die Kuratoren Andreas Schwab und Magnus Wieland haben Archive nach Manuskripten, Bildern und Geschichten durchforstet und Autoren zur Verbindung zwischen Rausch und Schreiben befragt. Sie spannen den Bogen von der lähmenden Blockade vor dem weissen Blatt über den Einsatz stimulierender Substanzen bis zum ekstatischen Verfassen von ganzen Büchern in Rekordzeit.
Rahmenveranstaltungen widmen sich den diversen Aspekten des Schreibprozesses. So ist etwa das Theater Neumarkt zu Gast im Strauhof: Schauspieler interpretieren Walter Benjamins «Haschisch-Text», den der Philosoph in den 20er-Jahren seinen Sinnesreizen folgend schrieb. Literaturkritiker Stefan Zweifel redet sich in einer Performance in den Rausch. Vertreter des Thomas-Mann- sowie des Max-Frisch-Archivs legen die Schreibroutinen und -neurosen der Schriftsteller dar. Die beiden stehen am anderen Ende des Spektrums: Während der nüchterne Thomas Mann seine Werke in täglicher Selbstdisziplin verfasste, war Max Frisch den sinnlichen Ablenkungen zwar nicht abgeneigt, aber hielt sich in seinen Texten an eine strenge Architektur.
Schreibrausch – Faszination Inspiration
Fr, 10.2.–So, 7.5., Strauhof Zürich
www.strauhof.ch