In der Science-Fiction-Komödie «Men in Black» von 1997 gibt es eine Szene, die bis heute Design-Fans und Freunde des komischen Timings gleichermassen begeistert. Will Smith spielt einen Polizisten, der die Aufnahmeprüfung für eine geheime Regierungsorganisation absolviert.
Der schriftliche Test wird auf unerwartete Weise zur Herausforderung: Wie nur füllt man den Papierbogen im gänzlich ungeeigneten Eiersessel von Henrik Tor-Larsen aus? Regisseur Barry Sonnenfeld hatte zweifelsohne Spass, sich mit dieser Slapstickszene über Genrekonventionen und Nachkriegsdesign lustig zu machen. Futuristische Möbel gehören zur Science-Fiction. Oder gehört Science-Fiction zum Design? Ja, wie jetzt genau?
Von Sputnik und Raumkapseln inspiriert
Dieser Frage geht das Vitra Design Museum im deutschen Weil am Rhein mit einer Ausstellung nach. «Science Fiction Design – Vom Space Age zum Metaverse» beleuchtet, wie sich Design und Science-Fiction immer wieder gegenseitig inspirierten.
Der argentinische Künstler und Designer Andrés Reisinger inszeniert die Schau als Dialog: Meilensteine des Genres und zentrale Momente der Raumfahrtgeschichte stehen rund 100 Objekten aus der Sammlung gegenüber. Georges Méliès’ «Le voyage dans la lune» oder das Magazin «Wonder Stories» erzählen davon, wie Literatur und Populärkultur ab dem frühen 20. Jahrhundert unser Bild der Zukunft prägten. Mit dem Space-Race der 1950er und 1960er wird diese Zukunft auf einmal greifbar.
Designer wie Eero Aarnio, Luigi Colani oder Verner Panton lassen sich von Sputnik und Raumkapseln inspirieren, entwerfen Kugelsessel mit futuristisch glatten Oberflächen und organisch geformte Wohnskulpturen. Entwürfe wie Aarnios Kugelsessel werden heute zu den Designklassikern gezählt.
Das verleitet dazu, sie losgelöst vom geschichtlichen Kontext zu betrachten. Anderes, etwa Pantons Lounge, versprüht aber noch immer den utopischen Geist einer Zeit, in der man sich die Zukunft wie in der Serie «Star Trek» vorstellte: Die Menschheit friedlich vereint im galaktischen Entdeckertum. Dass ausgerechnet die Entwürfe des Space-Age die Filmemacher inspirierten, ist nicht verwunderlich. Für den Durchschnittsbürger blieben viele dieser Stühle, Tische und Liegen wohl auch damals der Realität entrückt.
Vermutlich macht sich Olivier Mourgues Djinn-Sessel in der Raumstation von Stanley Kubricks «2001: Odyssee im Weltraum» besser als in der durchschnittlichen Stadtwohnung. Eero Aarnios Tomato Chair und weitere Möbelklassiker wirken im Hauptquartier von «Men in Black» so stimmig wie nirgendwo anders.
Luftig-wolkige Möbel aus anderen Sphären
Natürlich huldigt das Vitra Design Museum nicht nur dem Retrofuturismus, also den Zukunftsvisionen von einst. Heute scheint gerade der virtuelle Raum des sogenannten Metaverse Designer zu beflügeln. Andrés Reisinger etwa entwirft seine Möbel zunächst als digitale Kunstwerke, inszeniert sie in Landschaften, die fremde Welten aus dem Kanon der Science-Fiction evozieren.
So auch den Sessel Hortensia, den Reisinger erst nachträglich in echt produzieren liess. Welch luftig-wolkiges Möbel aus anderen Sphären! Gott bewahre, man bröselt beim Fernsehen zwischen die Hortensienblütenblätter – die Krümel kriegt man ja nie mehr raus! Aber um solche Banalitäten geht es in Utopien eben genau nicht.
Science Fiction Design – Vom Space Age zum Metaverse
Sa, 18.5.2024–So, 11.5.2025
Vitra Design Museum
Weil am Rhein (D)