Ausstellung: Kämpferinnen mit Kamera
Was passiert mit Menschen im Krieg? Das Fotomuseum Winterthur zeigt Bilder von acht Kriegsfotografinnen, die diese Frage zu beantworten versuchen.
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Kulturtipp 06/2020
Simon Knopf
Das Foto, für das Anja Niedringhaus (1965–2014) den Pulitzerpreis erhielt, zeigt ein Spielzeug. Die «G.I. Joe»-Figur lugt aus dem Rucksack eines US-Soldaten in Falludscha. Dort begleitete die deutsche Kriegsfotografin 2004 eine US-Einheit während der Kämpfe gegen irakische Rebellen. Niedringhaus fotografierte Gefechte, brutale Festnahmen, Tote. Und diesen Soldaten. Er noch fast ein Kind, «G.I. Joe» sein Maskottchen – sieht so ein Aggressor au...
Das Foto, für das Anja Niedringhaus (1965–2014) den Pulitzerpreis erhielt, zeigt ein Spielzeug. Die «G.I. Joe»-Figur lugt aus dem Rucksack eines US-Soldaten in Falludscha. Dort begleitete die deutsche Kriegsfotografin 2004 eine US-Einheit während der Kämpfe gegen irakische Rebellen. Niedringhaus fotografierte Gefechte, brutale Festnahmen, Tote. Und diesen Soldaten. Er noch fast ein Kind, «G.I. Joe» sein Maskottchen – sieht so ein Aggressor aus oder einfach ein weiteres Opfer des Krieges?
Zu sehen ist das ikonische Foto in der neuen Ausstellung des Fotomuseums Winterthur. «Fotografinnen an der Front» stellt 140 Bilder von acht Fotojournalistinnen aus. Entstanden zwischen 1936 und 2011, zeigen die Aufnahmen die grossen Konflikte dieser Zeit: Spanischer Bürgerkrieg und Zweiter Weltkrieg, Vietnam, Bosnien, Afghanistan. Sie zeugen von Fotoreporterinnen, die ihren Blick auf Menschen in Konflikten richten, Kämpferinnen mit Kameras. Ihre Fotos bieten eine differenzierte Sicht auf den Krieg und seine komplexen Auswirkungen.
Eine Frage der Schärfentiefe
Gerda Taro (1910–1937) fotografierte in Spanien leidende Mütter und Soldatinnen beim Schiesstraining. Die französische Fotografin Christine Spengler zeigt eine libanesische Braut vor einem zerschossenen Haus oder ein nordirisches Mädchen vor einer Strassenblockade der britischen Armee. Menschlichkeit und Unmenschlichkeit – im Krieg ist das manchmal nur eine Frage der Schärfentiefe.
Die Ausstellung erzählt schliesslich auch von Reporterinnen, die ihre Position an der Front erkämpfen mussten – oder in Vergessenheit gerieten. Gerda Taros Bilder aus dem Spanischen Bürgerkrieg wurden nach ihrem Tod lange ihrem Partner Robert Capa zugeschrieben. Und Anja Niedringhaus durfte 1992 erst nach mehreren Briefen an ihren Chef in der Fotoagentur ins belagerte Sarajewo reisen. Nur wer hartnäckig ist, schiesst Fotos, wie sie es tat.
Fotografinnen an der Front
Sa, 29.2.–So, 24.5. Fotomuseum Winterthur ZH