Ohne etwas Folklore geht es noch immer nicht in der Kunstwelt. Ohne Erzählungen von getriebenen, rasch verglühenden Künstlergenies. Ohne Schöpfungsmythen voller Schaffensräusche und äusserer Widerstände. Auch die Protagonisten dieser Geschichten kennt man – Jean-Michel Basquiat etwa.
Wie sollte es auch anders sein bei dieser Biografie: Das Vagabundieren als Graffiti-Künstler, der rasche Erfolg, der Drogentod 1988 mit nur 27 Jahren. Und dann ist da noch dieser fast sagenumwobene Bilderzyklus aus Modena. Die Rede ist von acht Gemälden, die der New Yorker Neo-Expressionist 1982 malte.
Der Galerist Emilio Mazzoli hatte den damals erst 21-Jährigen für eine Einzelausstellung nach Norditalien eingeladen, wo Basquiat innert weniger Tage die grossformatigen Bilder malte. Gemeinsam ausgestellt wurden sie aber nie. Bis jetzt. Der Fondation Beyeler ist es gelungen, diese Gemälde für die Ausstellung «Basquiat – The Modena Paintings» zum ersten Mal überhaupt zu vereinen. Zur Schau erscheint zudem ein Katalog, der die Modena-Episode als Ganzes nachzeichnen soll.
Wer bis anhin dazu recherchierte, kam meist nicht weit. Hier eine Andeutung, wonach sich Basquiats Galeristin Annina Nosei und Mazzoli gestritten haben sollen. Dort ein viel zitiertes Basquiat-Porträt von 1985 aus dem «New York Times Magazine», in dem sich der Künstler selber über die Produktionsbedingungen in Modena ausliess: «Es war wie eine Fabrik, eine miese Fabrik. Ich hasste es.»
Der Modena-Zyklus – ein veritables Kunsthighlight
Ausstellung und Katalog sollten diese Lücke in der jüngeren Kunstgeschichte also füllen. Doch auch so dürfte «Basquiat – The Modena Paintings» ein Kunsthighlight dieses Jahres werden. Denn zum Modena-Zyklus zählen einige von Basquiats spannendsten und bekanntesten Gemälden. «Boy and Dog in a Johnnypump» zum Beispiel, das in Rot- und Gelbtönen die sommerliche Hitze evoziert.
Oder «The Guilt of Gold Teeth» mit der gespenstischen Voodoo-Gottheit Baron Samedi. Diese Arbeiten sind noch nicht so kleinteilig und collagiert wie spätere Werke. Und doch lässt sich Basquiats Essenz ausmachen: Die gestischen Pinselstriche, die Worte und Textfragmente, die skelettartigen Figuren.
Und die Verweise auf das Schwarzsein und die haitianischen Wurzeln väterlicherseits, auf den Rassismus und die Lebensrealitäten in New Yorks Armenvierteln. In dieser Schau darf die tragische Figur Basquiat ruhen – sie widmet sich ganz diesem Künstler, dessen engagiertes Werk weit über seinen Tod hinausweist.
Basquiat – The Modena Paintings
So, 11.6.–So, 27.8. Fondation Beyeler Riehen BS