Ausstellung: Die Vergänglichkeit als Inspiration
Das Kunstmuseum Winterthur erinnert mit einer Retrospektive an den ungewöhnlichen französischen Künstler Jean Fautrier, der heute weitgehend vergessen ist.
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Kulturtipp 18/2017
Rolf Hürzeler
Dieses Bild hat mit dem dunklen Hintergrund etwas Bedrohliches. Wer es nicht spüren sollte, kann sich am Titel orientieren: «Nature morte aux poires» zeigt Früchte auf ihrem «Totenbett». Das Ölgemälde ist in der neuen Ausstellung des Kunstmuseums Winterthur zu sehen, die den französischen Künstler Jean Fautrier (1898–1964) vorstellt. 80 Gemälde und 20 Skulpturen erwarten den Besucher; die Ausstellung vermittelt also einen umfass...
Dieses Bild hat mit dem dunklen Hintergrund etwas Bedrohliches. Wer es nicht spüren sollte, kann sich am Titel orientieren: «Nature morte aux poires» zeigt Früchte auf ihrem «Totenbett». Das Ölgemälde ist in der neuen Ausstellung des Kunstmuseums Winterthur zu sehen, die den französischen Künstler Jean Fautrier (1898–1964) vorstellt. 80 Gemälde und 20 Skulpturen erwarten den Besucher; die Ausstellung vermittelt also einen umfassenden Einblick in sein Schaffen.
Fautrier hatte seine künstlerische Ausbildung vor dem Ersten Weltkrieg in London absolviert, zuerst an der Royal Academy und dann an der legendären Slade School of Arts. Vielleicht deshalb gehörte er nicht zu den damals tonangebenden und avantgardistischen französischen Künstlerkreisen.
Wie auch immer: Er wurde im Ersten Weltkrieg eingezogen, erlitt eine schwere Lungenentzündung und wurde freigestellt. Nach dem Krieg bereiste er Europa, besonders Deutschland und bezog 1923 ein Atelier in Montparnasse, wo er während Jahren als Maler wirkte. Dann kam die Wirtschaftskrise, er zog sich wegen seiner angeschlagenen Gesundheit in die Savoyer Alpen zurück. Im Zweiten Weltkrieg schloss sich Fautrier der Résistance an, wurde kurzzeitig verhaftet und versteckte sich danach in der ländlichen Provinz westlich von Paris.
Der Weltkrieg prägte sein Schaffen, als er in den späteren 1940er-Jahren den Durchbruch erzielte: Seine ernsthaften, oft fast konturlosen Bilder, die sich wie kühne Abstraktionen lesen, fanden die gebührende Anerkennung. Seine Arbeit «Les otages» («Die Geiseln») gilt als ein Schlüsselwerk, das die nationalsozialistische Besatzung dokumentierte.
Jean Fautrier
Sa, 26.8.–So, 12.11.
Kunstmuseum Winterthur