Manchmal erzählt ein einzelnes Gemälde alles, was man über eine Künstlerin wissen muss. Als Paula Rego 1988 ihren surrealen Reigen «The Dance» malt, stirbt ihr Ehemann. Rego stürzt sich in die Arbeit, setzt der eigenen Widerstandsfähigkeit ein Denkmal, indem sie sich als Selbstporträt verewigt. Die Künstlerin als einsam Tanzende, deren Blick aber Selbstbewusstsein und Entschlossenheit ausstrahlt.
Eine der wichtigsten figurativen Malerinnen
Die Widrigkeiten des Lebens – besonders jene, die Frauen zu erdulden haben – finden sich reichlich im Œuvre von Paula Rego (1935–2022). Das zeigt auch die Ausstellung «Paula Rego – Machtspiele» im Kunstmuseum Basel. In Portugal und im angelsächsischen Raum gilt sie als eine der wichtigsten figurativen Malerinnen der letzten Jahrzehnte.
Die Basler Ausstellung ist die erste Übersichtsschau im deutschsprachigen Raum und auch die erste posthume Retrospektive. Paula Rego kommt in Lissabon zur Welt, macht ihren Schulabschluss jedoch in England. 1952 beginnt sie ihr Studium an der renommierten Slade School of Fine Art in London.
Dort lernt sie auch ihren Ehemann, den britischen Künstler Victor Willing, kennen. Später wird sie den an Multipler Sklerose erkrankten Gatten bis zu dessen Tod pflegen. Der künstlerische Durchbruch gelingt ihr in den frühen 1960ern mit expressiven Arbeiten in Acryl und Wachsmalstift, die sich zwischen Abstraktion und Figuration bewegen. Danach entwickelt sich ihr Stil stets weiter.
Ab den 1970ern nähern sich ihre Gemälde der Pop Art an, auf den Leinwänden manifestieren sich nun deutlicher Figuren aus Märchen und Zeichentrickfilmen. Ab Ende der 1980er wendet sich Rego dann fast ausschliesslich der Pastellmalerei zu. Diese Bilder erinnern in ihrer Schroffheit an die Neue Sachlichkeit, zitieren aber gleichzeitig die verzerrten Perspektiven und Lichtspiele der Surrealisten.
Verdichtete Wut auf die Salazar-Diktatur
All diesen Arbeiten sind die traumartige, bisweilen beklemmende Atmosphäre und die drängenden Themen gemeinsam. Machtdynamiken zwischen den Geschlechtern und gesellschaftliche Rollenzuschreibungen, Hierarchien und staatliche Gewalt – das sind die Leitfäden in Regos fesselndem Œuvre.
Auf den Werken «Salazar Vomiting the Homeland» und «Regicide» verdichtet sich ihre Wut auf die Salazar-Diktatur im Heimatland in wilden Pinselstrichen und Chaos. Die «Abortion»Serie von 1998 wie derum ist ein Protest gegen das Nein der Portugiesen zu einem liberaleren Abtreibungsgesetz. Diese Zeichnungen und Gemälde zeigen Frauen, die sich illegalen und oft lebensbedrohlichen Eingriffen unterziehen.
Welch kraftvolle Darstellungen von Schmerz, Einsamkeit und Unmenschlichkeit! Ebenso berührend ist die Serie «Possession», in der Rego die eigenen Depressionen verarbeitete. Inspiriert von Hysterie-Darstellungen aus dem 19. Jahrhundert, zeigen die Gemälde eine Frau auf einer Chaiselongue – fast erdrückt von der Schwere des Daseins.
Schauen Sie diesen Frauen in die Augen
Ging es Paula Rego schlecht, sagte ihr Sohn Nick Willing einmal, arbeitete sie einfach wie besessen. Dieser fast trotzige Umgang mit Widerständen spiegelt sich auch in ihren Frauenfiguren. Ja, sie leiden, sind gepeinigt und auf ewig zu Pflegerinnen und Mutterfiguren verdammt.
Aber sie sind auch resolut Handelnde, Kämpferinnen mit athletischen Körpern, mutig und bewundernswert stoisch. Ihre Blicke verraten es – schauen Sie diesen Frauen einfach einmal in die Augen.
Paula Rego – Machtspiele
Sa, 28.9.–So, 2.2.
Kunstmuseum Basel