Ausstellung - Die Medusa als Männerfantasie
Begegnung mit Antonio Saura: Das Berner Kunstmuseum konfrontiert das Publikum mit provokativen Werken des verstorbenen spanischen Künstlers.
Inhalt
Kulturtipp 14/2012
Rolf Hürzeler
Dieses Frauenbild verbreitet Schrecken. «Nong in ihrem Sessel» lautet der Titel des vor 30 Jahren gemalten Porträts des spanischen Künstlers Antonio Saura (1930–1998). Es ist Teil der ersten grossen Retrospektive des Malers im Berner Kunstmuseum, die 200 Gemälde umfasst.
Saura hat keine individuellen Bildnisse von Frauen gemalt. Er hat sie vielmehr aus unzähligen Darstellungen zusammengestellt, die er wie ein Besessener sammelte. Dann brac...
Dieses Frauenbild verbreitet Schrecken. «Nong in ihrem Sessel» lautet der Titel des vor 30 Jahren gemalten Porträts des spanischen Künstlers Antonio Saura (1930–1998). Es ist Teil der ersten grossen Retrospektive des Malers im Berner Kunstmuseum, die 200 Gemälde umfasst.
Saura hat keine individuellen Bildnisse von Frauen gemalt. Er hat sie vielmehr aus unzähligen Darstellungen zusammengestellt, die er wie ein Besessener sammelte. Dann brachte er sie in furiosem Strich auf die Leinwand, auf dass veritable Monster entstanden. Saura liebte nicht die Venus, er fürchtete die Medusa.
Antonio Saura – Bruder des Filmregisseurs Carlos Saura – ist im faschistischen Spanien der Vorkriegszeit aufgewachsen. Der Künstler war wie sein Bruder zeitlebens ein erbitterter Gegner des Diktators Franco; die beiden arbeiteten immer wieder künstlerisch zusammen.
Antonio Saura zog 1953 nach Paris ins Exil, wo er sich den Surrealisten anschloss. Er kehrte allerdings wieder nach Spanien zurück und gründete in Madrid die Künstlergruppe El Paso mit. Diese kämpfte gegen das repressive kulturelle Klima unter dem Regime Francos und propagierte den Expressionismus als Gegenbewegung.
Frauen als Obsession
Saura setzte sich stets obsessiv mit der Frau auseinander. Oft im Stil des älteren Picasso einem abstrakten Expressionismus verpflichtet. «Zwei Punkte für die Augen, einer für den Mund, zwei für die Brüste, einer für das Geschlecht…», schwärmte er von seiner Kunst in seinen Aufzeichnungen «Über mich selbst» unter dem Titel «Erotica». Kurator Cäsar Menz spricht nüchterner von «Sesselfrauen, die sich wie auf einem Thron präsentieren».
Saura wandte sich auch intensiv anderen Künstlern zu. Nicht nur Picasso; auch Malern wie etwa dem Holländer Frans Hals (um 1580–1666) oder Diego Vélazquez, dem spanischen Barock-Porträtisten. Deren Werke reicherte er gedanklich kühn mit Pornobildern oder Brigitte-Bardot-Fotos an. Und brachte alles künstlerisch verfremdet in seinen Porträts zusammen.
Die Berner Ausstellung ist
13 Jahre nach seinem Tod in Zusammenarbeit mit der Saura-Stiftung in Genf entstanden, wo sein umfangreicher Nachlass lagert.