Jackson Pollock und Paul Klee – was sollen denn die miteinander gemeinsam haben? Auf den ersten Blick gar nichts, und doch mehr, als man denkt. Der Berner liess die Linie auf dem Papier unbewusst entfalten; er wehrte sich gegen die Kontrolle während eines Arbeitsprozesses. Der um eine Generation jüngere Pollock hat als Druckgrafiker von Klees spontaner Linienentwicklung erfahren, was später zu seinem berühmten Drip Painting führte. Der Gestalter hat der Farbe freien Lauf gelassen, um dem Betrachter die Faszination einer zufälligen und dennoch manipulierten Gestaltung zu gönnen. Pollock (1912–1956) stand Klee (1879–1940) damit näher, als er glaubte, auch wenn er in späteren Jahren über das angeblich «Kleinkarierte» des Berner Künstlers lästerte. War er doch mit seinen grossformatigen Bildern der Mann der kühnen künstlerischen Gesten.
Wegweisend für die Kunst in den USA
Die Verbindung zwischen Pollock und Klee dokumentiert nun Fabienne Eggelhöfer, die eine neue wegweisende Ausstellung unter dem Titel «10 Americans After Paul Klee» im Berner Zentrum Paul Klee kuratiert hat. Darunter sind Künstler wie Robert Motherwell, Theodor Stamos oder Kenneth Noland.
Fabienne Eggelhöfer hat sich intensiv mit dem Einfluss des Berners auf deren Werk auseinandergesetzt, nicht nur im Hinblick auf Technik und Material. Die Expertin hat vielmehr in US-Archiven nach Zeugnissen dieser Künstler über den im Berner Exil lebenden Deutschen gesucht. So ist die Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Phillips Collection in Washington D.C. entstanden, wo sie nächstes Jahr zu sehen sein wird.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte für den wegweisenden Künstler Klee schwerwiegende Folgen. Seine Arbeiten wurden nicht nur verfemt, sein Galerist Karl Nierendorf musste 1936 nach New York auswandern. Mehr als zehn Jahre früher war mit J.B. Neumann ein anderer Kunsthändler Klees bereits in die USA gezogen. Bei allen Schrecken der Nazizeit erwies sich der erzwungene Umzug für Klee als nicht nur schlecht, denn diese beiden Galeristen propagierten seine Werke in den USA – mit Erfolg.
Die damalige zeitgenössische Kunst war in den USA im Umbruch. Maler wie der Expressionist William Baziotes (1912– 1963) suchten nach neuen Wegen. Sie wollten sich von den dominierenden französischen Künstlern lösen und konnten mit der US-amerikanischen Tradition der letzten 200 Jahre noch viel weniger anfangen. Mit der Emigration europäischer Künstler lernte der Markt eine neue Gattung kennen, die in dem Land bisher kaum Niederschlag gefunden hatte.
Fabienne Eggelhöfer: «Am Anfang war die Linie»
Da kam ein eigenwilliger Maler wie Paul Klee gerade recht, auch wenn ihm diese Kunstschaffenden persönlich nicht begegneten. Denn Klee lebte in der Schweiz im Exil, war bei schwächlicher Gesundheit und konnte nicht an eine anspruchsvolle Reise denken. Zudem ist denkbar, dass Klee seine eigene Bedeutung auf dem US-amerikanischen Markt unterschätzte, zumal er diese Künstler nicht persönlich kannte. Allerdings musste er wissen, dass man ihn wohlwollend zur Kenntnis genommen hatte, denn schon 1930 hatte er im neu eröffneten New Yorker Museum of Modern Art eine Ausstellung.
Im Einzelfall ist Klees Einfluss für den Betrachter tatsächlich auf den ersten Blick erkennbar: Zum Beispiel im Fall von Kenneth Noland (1924–2010) und dessen Werk «In the Garden» (Mitte oben) aus dem Jahr 1952, auch wenn dieses Bild nicht wirklich typisch für Noland war. Denn er entwickelte später die Soak- Paint-Technik, bei der er auf den Pinsel verzichtete und die Leinwand einfärbte. Doch «In the Garden» zeigt, wie wichtig Klee für den US-Amerikaner war, dessen weitere Entwicklung dank der Impulse des Berners mitgeprägt wurden. Typische Motive wie die «Höhlenzeichnungen», die «Hieroglyphen», und seine Elemente aus der Natur fanden verbreiteten Zuspruch.
Die Ausstellung im Zentrum Paul Klee will keine banale Gegenüberstellung zwischen den US-amerikanischen Werken und den Arbeiten von Paul Klee belegen. Sie zeigt vielmehr in einem Raum die «Vor-Bilder» des Impulsgebers und führt dann zu den Weiterentwicklungen der US-Amerikaner in andern Sälen.
10 Americans After Paul Klee
Fr, 15.9.–So, 7.1.
Zentrum Paul Kee Bern
Ermässigte SBB RailAway-Kombis für die Ausstellung «10 Americans»
im Zentrum Paul Klee erhalten Sie am Bahnhof oder beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min vom Schweizer Festnetz) sowie online auf www.sbb.ch/10americans
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