Ausstellung - Das Heute und Damals verbinden
Die Basler Künstlerin Cécile Hummel zeigt im Burgdorfer Museum Franz Gertsch eine Auswahl ihrer Gouachen sowie verfremdete Porträtfotografien aus den 30er-Jahren in Sizilien.
Inhalt
Kulturtipp 20/2012
Rolf Hürzeler
Diese beiden Männer treten als schicke Bürger auf (Bild rechts aussen). Allerdings auf den ersten Blick nur; bei näherem Hinschauen sieht der Betrachter, dass die zwei Sizilianer mehr repräsentieren wollen, als sie in der hierarchischen Gesellschaft gelten. Die Hände des Alten zeugen von schwerer Landarbeit, sein Veston ist zu gross geraten. Und der junge Mann scheint sich bei dem Auftritt unwohl zu fühlen, sein Posieren ist wenig weltmännisch. Diese le...
Diese beiden Männer treten als schicke Bürger auf (Bild rechts aussen). Allerdings auf den ersten Blick nur; bei näherem Hinschauen sieht der Betrachter, dass die zwei Sizilianer mehr repräsentieren wollen, als sie in der hierarchischen Gesellschaft gelten. Die Hände des Alten zeugen von schwerer Landarbeit, sein Veston ist zu gross geraten. Und der junge Mann scheint sich bei dem Auftritt unwohl zu fühlen, sein Posieren ist wenig weltmännisch. Diese leicht verfremdete Fotografie ist in der neuen Ausstellung «Abtauchen und Auftauchen» der Basler Künstlerin Cécile Hummel im Burgdorfer Museum Frank Gertsch zu sehen.
Vielschichtigkeit
Cécile Hummel hat das Glasnegativ mit anderen Porträt-aufnahmen aus der Zeit des Faschismus in den 1930er-Jahren auf einem sizilianischen Markt entdeckt. Sie wurden in einem offenkundig bescheidenen Interieur aufgenommen, wie am schäbigen Stuhl zu erkennen ist. Hummel hat bei der Belichtung verschiedene Abzüge dieser Bilder, meist mit unterschiedlichen Sujets, übereinandergelegt, um den Figuren eine raffinierte Vielschichtigkeit zu verleihen: «Sie haben etwas Sippenhaftes, und das soll den heutigen Betrachter direkt ansprechen», sagt Hummel dazu. «Ich will keine Nostalgie, ich will eine Art Austausch zwischen dem Damals und Heute; ich hole diese Menschen zu uns zurück.»
Die Künstlerin stellt diese Fotoarbeiten, realisiert, in einen Kontrast zu ihren Gouachen. Die zeichnerischen Arbeiten spielen mit Lichteinwirkungen oder der Perspektive. Verzogene Blickwinkel verführen das Auge des Betrachters immer wieder zu neuen Interpretationen, zum Teil gar Illusionen. Die Kunstkritikerin Isabel Zürcher schrieb dazu: «Nichts will ganz wiedererkannt sein.»
Im Einzelfall ergeben sich in der neuen Ausstellung sogar direkte Bezüge zwischen den Gouachen und den italienischen Fotos: In der Zeichnung (siehe Bild links oben) sind beispielsweise die Wörter «Glanz» und «Gloria» schwach zu erkennen. Sie lassen sich als ironische Interpretation des Habitus der beiden sizilianischen Männer verstehen.
Bezüge schaffen
Der im Thurgau geborene Zeichnerin und Multimediakünstlerin Cécile Hummel ist die Verbindung zwischen den Porträts und den Zeichnungen wichtig. «Die Fotos halten einen Moment fest, die Zeichnungen dokumentieren dagegen das, was ich selbst ausdrücken will», sagt Hummel. Mit der Verfremdung verbinde sie beides.
Cécile Hummel gehört zu den arrivierten Schweizer Künstlerinnen. Sie ist mit Einzelausstellungen in den Kunstmuseen Solothurn und Thurgau sowie in verschiedenen deutschen Häusern aufgefallen. Daneben unterrichtet sie an der Hochschule der Künste Bern sowie an den Kunsthochschulen in Luzern und Basel. Ab November weilt Cécile Hummel im Auftrag der Pro Helvetia in Ägypten.