Er war ein Chronist der zeitgenössischen Kunst und ein international anerkannter Fotokünstler: Der Berner Fotograf Balthasar Burkhard (1944–2010) wollte mehr, als die Wirklichkeit zu interpretieren. Er inszenierte sie vielmehr raffiniert nach allen Regeln der Kunst – als «künstlerische Selbsterfindung des Fotografen», wie es im Ausstellungstext heisst. Die Schau in Winterthur zeigt über 150 Werke und Werkgruppen dieses unermüdlichen Schaffers. «Er interpretierte den Körper als Skulptur und nutzte die Leinwand, um die Fotografie von ihrer Abbildfunktion zu befreien.» Die Ausstellung ist in den Räumlichkeiten der Fotostiftung und des Fotomuseums in zwei Teile gegliedert.
Einen Wegweiser fand Burkhard im Dokumentarfilmer und Fotografen Kurt Blum, der zahlreiche Künstler porträtierte, von Pablo Picasso über Fernand Léger bis Alberto Giacometti.
Von schöpferischer Neugierde getrieben
Blum führte Burkhard früh in die Verbindung von Fotografie und Kunst ein. Der Schüler eröffnete 1965 ein eigenes Fotostudio und arbeitete als Dokumentalist in der Berner Kunsthalle, wo er den legendären Kurator Harald Szeemann kennenlernte, der damals ein richtungsweisender Akteur in der zeitgenössischen Kunst war. Etwas später tat er sich mit dem Künstler Markus Raetz zusammen.
In den 70er-Jahren arbeitete Balthasar Burkhard in den USA und zog dort eine Hollywood-Karriere als Schauspieler in Erwägung, die jedoch missriet. Dafür konnte er seine Werke immer wieder in Ausstellungen zeigen. Zudem arbeitete er für den Möbelhersteller USM und fand damit den Weg zur Architekturfotografie. Burkhard war von einer schöpferischen Neugierde getrieben und suchte mit seiner Kamera stets nach neuen Wegen und Inspirationsquellen.
Balthasar Burkhard
Sa, 10.2.–Mo, 21.5.
Fotomuseum und Fotostiftung Winterthur
«Das Bett», 1969/1970
Die Zusammenarbeit mit dem Künstler Markus Raetz begann, als Burkhard für den Kurator Harald Szeemann in der Berner Kunsthalle arbeitete. Der Fotograf machte damals mit dem Poster für die legendäre Ausstellung «When Attitudes become Form» auf sich aufmerksam.
Balthasar Burkhard in seinem Atelier, 1995
Das Selbstporträt eines Künstlers, der mehr von sich verbergen als enthüllen will. Der Fotograf wendet sich mit dem Gesicht von der Kamera ab und schaut zum Fenster hinaus. Burkhard begann in jenem Jahr seine Zusammenarbeit mit der Berner Möbelfirma USM, für die er Werbe-kampagnen fotografierte.
«Kamel», 1997
Nicht ganz überraschend ist der Titel dieser Foto-grafie. Burkhard war 1997 in vier Einzelausstellungen in Paris, Genf und Zürich sowie an zahlreichen Gruppenausstellungen zu sehen. Er erwies sich als ein Wegweiser der zeitgenössischen Schweizer Kunstfotografie.
Harald Szeemann, 1972
Balthasar Burkhard schaffte den internationalen Durchbruch an der Documenta 5 in Kassel. Das Bild zeigt den Kurator Harald Szeemann (Mitte) als eine Art Guru, umringt von seinen Bewunderern, am letzten Tag der Ausstellung. Burkhard nutzte die Documenta für seine Happenings.