Ausstellung / Buch: Musik fürs Auge
Ein neuer Bildband und eine Ausstellung in Baden nehmen sich kunstvoller Musik-Illustrationen aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts an.
Inhalt
Kulturtipp 15/2017
Frank von Niederhäusern
Musik bringt Empfindungen zum Klingen, die sich weder mit Wörtern noch Bildern ausdrücken lassen. Deshalb wird sie – in Oper, Theater oder Film – gerne untermalend eingesetzt. Die Bezugnahme funktioniert aber auch umgekehrt. Um Musik zu vermitteln oder zu verkaufen, setzen Verleger und Promotoren auf illustrative Effekte wie Plattencovers, Musikvideos, Veranstaltungsplakate.
Diese «optische Verpackung» geht zurück auf sogenannte «Musiktit...
Musik bringt Empfindungen zum Klingen, die sich weder mit Wörtern noch Bildern ausdrücken lassen. Deshalb wird sie – in Oper, Theater oder Film – gerne untermalend eingesetzt. Die Bezugnahme funktioniert aber auch umgekehrt. Um Musik zu vermitteln oder zu verkaufen, setzen Verleger und Promotoren auf illustrative Effekte wie Plattencovers, Musikvideos, Veranstaltungsplakate.
Diese «optische Verpackung» geht zurück auf sogenannte «Musiktitel». Ab etwa 1900 statteten Musikverlage ihre Notenhefte mit kunst- und effektvollen Einbänden aus. Diese bestellten sie anfänglich bei namhaften Künstlern, ab den 1920ern bei spezialisierten Gestaltern wie Plakatkünstlern oder Grafikern.
Die Kunstgeschichte hat «Musiktitel» marginal behandelt. Erstmals erscheint nun ein Bildband, der 200 ausgewählte Beispiele abbildet und kommentiert. Er beschränkt sich auf die Blütezeit zwischen Jugendstil und Art Déco (ca. 1900–1930), wobei auch Beispiele aus Expressionismus, Kubismus oder Surrealismus beachtet werden. Da sich das breite Publikum damals vorab für Operettenlieder, Tanz- und Schlagermusik interessierte, waren die Illustrationen auch als «Schlagerblätter» bekannt. Sie bebilderten nicht nur die verpackte Musik, sondern spiegelten auch Zeitgeist und Trends aus Mode und Werbung oder sozialen Wandel, etwa die Emanzipation der Frau.
Der Band enthält Werke aus zwölf Ländern von grossen Namen wie René Magritte oder Pablo Picasso. Aber die Meister der Gebrauchsgrafik dominieren: Willy Herzig, Ernst Deutsch alias Dryden oder Loris und Roger de Valerio. Einführungen und Kommentare stammen von Christian Brändle, Direktor des Museums für Gestaltung Zürich, Design-Dozent Claude Lichtenstein und vom Herausgeber selbst. Aktuell sind über 100 Musiktitel auch in der Ausstellung «Über den Wellen» im Historischen Museum in Baden zu sehen.
Ausstellung
Über den Wellen.
Dekorative Musiktitel vom Jugendstil zum Art Déco
Bis So, 23.7. Historisches Museum Baden AG
Buch
Oh, Donna Clara …
Musiktitel aus der Zeit des Art Déco
Hg.: Walter Labhart
250 Seiten
(Edition Clandestin 2017).