Die Kinder der Familie Eberli im urnerischen Isenthal haben einen ungewöhnlichen Schulweg. Jahraus, jahrein besteigen sie ein Seilbähnli, das sie ins Tal hinunter- und am Nachmittag wieder hochbringt. «Seilen» nennt ihre Mutter diesen ungewöhnlichen Transport. Warme Kleidung ist um die jetzige Jahreszeit angesagt, denn im Winter kann das «Seilen» im Gebiet Vordere Bärchi rote Nasen und Ohren bescheren. Die Wägeli sind offen und sehen auf den ersten Blick ziemlich abenteuerlich aus, sind aber offenkundig sicher. Auch Wanderer können das Bähnli nutzen. Sie müssen sich per Handy bei Eberlis melden und werden gegen ein Entgelt an der Bodenstation abgeholt.
Erste Bahn um 1908 am Wetterhorn
Das ist ein Beispiel der Schweizer Seilbahn-Kultur, die nun mit drei Ausstellungen in Zürich, Flims und Stans gewürdigt wird. Laut Karin Artho, Geschäftsleiterin des Heimatschutzzentrums, sind landesweit rund 800 Luftseilbahnen in Betrieb. Die Einrichtung ist also wesentlich verbreiteter, als man im Unterland denken könnte. 1908 wurde die erste Luftseilbahn zur Personenbeförderung am Wetterhorn in Grindelwald in Betrieb genommen, sie ging bescheiden als «Wetterhorn Aufzug» in die Geschichte ein. Vor allem in der Nachkriegszeit wurden zahlreiche Bahnen gebaut, um dem wachsenden Tourismus gerecht zu werden. Das Transportmittel war stets auf zwei Bedürfnisse ausgerichtet: den Fremdenverkehr und die Landwirtschaft in den Bergen.
Ursprünglich war der Heimatschutz von dieser Form der alpinen Erschliessung wenig angetan. Denn jede Seilbahn bedeutet einen Eingriff in die Landschaft, heute jedoch gehören die Bähnli zum traditionellen Erscheinungsbild der Schweiz. Allerdings bleibt der damalige Zielkonflikt bestehen. Immer wieder führen Seilbahn-Erschliessungen zu Diskussionen mit Naturschützern, besonders wenn die Projekte dem Tourismus dienen.
Rolle des Heimatschutzes im Wandel
Im Einzelfall allerdings hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Als 2005 die älteste, damals noch betriebene Sesselbahn der Schweiz im Glarner Braunwald stillgelegt wurde, reklamierte der Heimatschutz. Bis vor ein paar Jahren verfügte die Schweiz über eine heimische Seilbahn-Industrie. Ein typisches Beispiel ist Von Roll: Das Unternehmen konstruierte die umstrittene Weissenstein-Bahn bei Solothurn. Noch ist eine alte Von-Roll-Bahn in Tschechien in Betrieb.
Die Armee baute ebenfalls Seilbahnen, die sich zivil nutzen lassen, wie die Palfries-Bahn in Sargans. Dieses Beispiel zeigt, wie viel Herzblut in das Transportmittel fliessen kann: Eine Genossenschaft hält das Bähnli für den Tourismus in Betrieb, weil sein militärischer Nutzen nicht mehr gegeben ist.
Die drei Ausstellungen: Luft Seil Bahn Glück
Oldtimer und Newcomer
Do, 16.11.–So, 28.10. Heimatschutzzentrum Zürich
Gondelträume und Aussichten
Sa, 16.12–So, 28.10. Das Gelbe Haus Flims GR
Kleinseilbahn und Transportschiffchen
Fr, 23.3.–So, 28.10. Salzmagazin Stans NW
www.luftseilbahnglueck.ch