Sand, Sonne und süsses Nichtstun. Das versprechen die Postkartenbilder der Karibikinsel St. Lucia. Der 72-jährige Luzerner Künstler Claude Sandoz hat das Eiland als Quelle der Inspiration entdeckt und reist seit den 1990er-Jahren regelmässig dorthin. «Was passiert, wenn das Eigene und das Fremde zusammenkommen, sich gegenseitig überlagern, vielleicht bereichern?», lautet demnach die Grundfrage der Luzerner Ausstellung. Einheimische Kunst und europäischer Hintergrund führen in diesem Fall zu einem Art-brut-Ansatz mit sanft dekorativem Einschlag.
Die Werke zeugen von der intensiven Auseinandersetzung des Künstlers mit einheimischen Ansätzen. Das Bild «Out of a Paradise. Three Happy Fishermen at Easter in St. Lucia» (2000) belegt, dass Sandoz in seinem Sehnsuchtsort die Erfüllung gefunden hat, die das Land zivilisationsmüden Europäern verheisst.
Kritischer Blick auf den Kolonialismus
Der mehrfach ausgezeichnete Sandoz machte sich einen Namen als Mitbegründer der Zeitschrift «Der Blaue Berg», die er mit dem Autor Tobias Biancone gegründet hatte. Das Blatt – mit Reverenz an den Luzerner Hausberg Pilatus im Titel – führte Künstler und Schriftsteller zusammen und brachte es immerhin auf 14 Ausgaben.
Sandoz verschrieb sich in den 1960er-Jahren ursprünglich der Popart und der Konzeptkunst: Die Rassenunruhen in den USA hätten ihm den Anstoss gegeben, sich mit fremden Kulturen aus einer kolonialismuskritischen Perspektive zu befassen, schreibt die Kunsthistorikerin Gabrielle Schaad zur Luzerner Ausstellung. Tatsächlich stammen viele Einwohner von St. Lucia aus Westafrika, ihre Vorfahren wurden als Sklaven in die Karibik verschleppt.
Die Neugier trieb Sandoz in die ganze Welt: Von arabischen Staaten wie Syrien oder Irak in den Iran und den Fernen Osten. Sandoz fokussierte sich bald auf die gestalterische Entwicklung: «Zu Beginn der 1970er-Jahre verlor ich das Interesse am Einzelbild. Der Prozess interessierte mich. Wie ein bestimmtes Formenvokabular für einen Zeitabschnitt des Lebens spricht», schreibt er. Er kombinierte Grafikserie und Textilien mit Soundperformances zu raumgreifenden Installationen. Nach diesen Aufbrüchen kehrte er zur Malerei und Zeichnung zurück.
«Sandoz’ Formenvokabular ist chiffrenhaft. Oft wirft es die Betrachter ohne eine tiefere Bedeutung preiszugeben auf die dekorative Bildoberfläche zurück», schreibt Schaad zu Bildern wie den «glücklichen Fischern an Ostern». Sandoz’ Œuvre ist ausgesprochen breit. Er nahm sich auch der Seidenmalerei an, und entwarf Kaffeetassendekors oder Sujets für SBB-Abos. Werke von Künstlern wie dem deutschen Expressionisten Max Pechstein oder der Bildhauerin Lena Henke stellen die Arbeiten von Sandoz in einen künstlerischen Zusammenhang.
Ab auf die Insel!
Sa, 7.7.–So, 28.10.
Kunstmuseum Luzern