Er darf nicht und tut es trotzdem: Jafar Panahi ist wegen seiner regimekritischen Filme seit 2010 mit einem Berufsverbot belegt, das 20 Jahre gelten soll. Seither hat er weiter gedreht, heimlich und mit grossem Risiko. Er schmuggelt die Werke jeweils ausser Landes und heimst an internationalen Festivals regelmässig Preise ein. Nach Filmen, die im Versteckten entstanden, hat sich der 55-jährige unbeugsame Künstler nun nach draussen gewagt: «Taxi Teheran» spielt buchstäblich auf der Strasse. Es ist ein bedrückender wie auch heiterer Film über Befindlichkeiten im heutigen Iran.
Panahi hat auf Taxifahrten Inspirationen gesammelt. Er hat als Mitfahrer beobachtet und zugehört. Aus diesem Material verfasste er das Drehbuch für seine aktuelle «Doku-Fiktion». Laien-Darsteller übernehmen die Rollen der Fahrgäste. Panahi selber setzt sich ans Steuer eines Sammeltaxis, das mit drei fix installierten Kameras ausgestattet ist. Er fährt durch Teheran, nach und nach gesellen sich Kunden dazu. Ein «Freiberufler», der sich für die Todesstrafe für Autoräder-Diebe ausspricht, macht den Anfang. Er gerät in einen Disput mit einer mitfahrenden Lehrerin, die gegen die Todesstrafe argumentiert. Als der Mann aussteigt, verrät er seinen Beruf: Strassenräuber.
Auch Omid, Händler verbotener DVDs, mischt sich unter die Fahrgäste. Er lässt sich zu einem Filmstudenten fahren, der den Regisseur am Steuer erkennt. Im Dialog meint Panahi: «Alle Filme sind es wert, gesehen zu werden.»
(Zensur-)Regeln
Schliesslich holt Panahi seine 10-jährige Nichte Hana von der Schule ab: ein herrlich altkluges Mädchen, das als Klassenarbeit gerade einen Kurzfilm drehen muss. Sie liest dem Onkel die (Zensur-)Regeln vor, die ihr die Lehrerin diktiert hat. Nichte und Onkel diskutieren über Film und künstlerische Freiheit. Der offizielle Kriterienkatalog listet auf, was laut Regime ein «zeigbarer» Film ist. Panahi selber verstösst freilich gegen sämtliche Regeln. Im Abspann, wo sonst die Namen aller Beteiligten genannt werden, heisst es: «Das Ministerium für Kultur und islamische Orientierung genehmigt die Abspanne von zeigbaren Filmen. Zu meinem grossen Bedauern hat dieser Film keinen Abspann …» Es wäre für die Beteiligten zu gefährlich gewesen, mit Namen zu erscheinen. Sie sind bereits das Risiko eingegangen, im Film überhaupt mitzumachen.
«Taxi Teheran» wurde im Februar an den Berliner Filmfestspielen mit dem Hauptpreis «Goldener Bär» ausgezeichnet.
Taxi Teheran
Regie: Jafar Panahi
Ab Do, 2.7., im Kino