Der Weg führt durch Wald und Wiese. Ein roter Briefkasten, neben dem ein Totempfahl mit dem Emblem eines Flugsauriers und eine Wächterfigur stehen, lässt die Besucher wissen: Hier fängt «La Maison Totale» an, das Reich von Augustin Rebetez.
Vom Brunnen im Hof grüsst einen die Skulptur eines janusköpfigen Vogels, während man über einen vom Künstler gestalteten Teppich schreitet und schliesslich ein Haus betritt, in dem sich Symbole – ein Herz, ein Stern, eine Schlange, gehörnte Wesen oder der Schriftzug «Yeah» – in Rot, Weiss und Schwarz wiederholen.
Rebetez verfügt über ein Repertoire, eine ureigene Formensprache, die er zu immer neuen Choreografien zusammensetzt. An der Eröffnung der «Maison Totale» erzählt der Künstler, wie er zu diesem Haus in Bôle gekommen ist. Das Projekt sei vom Zufall vorangetrieben worden. «Nicht ich habe das Haus gefunden, das Haus hat mich gefunden.»
Seine Nachbarin habe ihn auf das Haus aufmerksam gemacht, das perfekt für seine Kunst sei. Von der Neugierde getrieben, besuchte er es. Und wusste sofort: «Hier muss ich ein Museum machen.» So entstand eine Ausstellung mit einem Skulpturengarten, der von spitznasigen Gesellen, diabolischen Katzen oder an prähistorische Viecher erinnernden Figuren bevölkert wird.
Ein Ort zum Träumen und Lachen
Rebetez ist bekannt für anarchistische Manifeste, und natürlich hat er auch eines für die «Maison Totale» verfasst. «Hier ist man, um zu schauen, zu fühlen, zu träumen und zu lachen», lautet etwa eine Zeile. Auch dass dieses Haus einst einem anarchistischen Bastler gehörte, er fährt man im Text. Und «Foutez le camp» – zu Deutsch «Verpissen Sie sich» – heisst es zum Schluss.
Rebetez versteht seine Kunst als poetische Revolution, sich selbst inszeniert er in einem Video auch mal als gruselig grinsenden Joker im roten Kapuzenpullover. In der Presse wurde «La Mai son Totale» als Geisterbahn beschrieben. Doch auch wenn es hier einige Spezialeffekte gibt und etwa ein in Bewegung versetztes Band wie ein Feuer aus der Mauer züngelt, greift der Vergleich zu kurz. Es geht um mehr als Schockmomente.
Man taucht ein in ein groteskes Universum, das nachhallt, das unsere bekannte Welt auf den Kopf stellt. Dabei hat Rebetez auch mit künstlicher Intelligenz experimentiert, legt etwa zwei Zombies existenzielle Worte in den Mund.
Der Künstler lebt im jurassischen Mervelier in dem Haus, in dem er aufgewachsen ist und das nun auch sein Atelier ist. Rebetez stammt aus einer Künstlerfamilie. Sein Vater ist der Autor und Journalist Pascal Rebetez, seine ältere Schwester Eugénie Rebetez eine bekannte Clownin und Tänzerin. «Kunst ist in meinem Elternhaus so normal gewesen, wie es die Landwirtschaft für einen Bauernsohn ist», meint Augustin Rebetez.
La Maison Totale
Bis Sa, 21.9.
Jew. Sa/So, 10.00–17.00 Bôle NE
www.maisontotale.ch
Augustin Rebetez’ Kulturtipps
Performance
Baby Volcano
«Eine Superkünstlerin, ein Biest der Bühne, die wie keine andere singt und tanzt. Ihr Repertoire reicht von druckvollem Reggaeton bis zu ultrasüssen Kinderreimen.»
Sa, 17.8., 22.00
Zürcher Theater Spektakel
Kunst
Abschlussparty «Maison Totale»
«Der letzte Moment, dieses ver- rückte Projekt zu entdecken. Mit Lesungen, Berliner Bällen, kleinen Akustikkonzerten und Raclette in der ‹Maison Totale›.»
Sa, 21.9., 10.00–20.00
Film
Claude Baechtold: Riverboom
«Das Roadmovie lief am Locarno Film Festival und kommt nun in die Kinos. Die Geschichte dreier Freunde, die während des Krieges durch Afghanistan reisen. Witzig, interessant und gut inszeniert.»
Ab Do, 12.9., im Kino