August Strindberg als Vorlage
Dürrenmatt kreierte 1969 aus Strindbergs düsterem Drama «Totentanz» eine Komödie über bürgerliche Ehetragödien. Fast 50 Jahre später kommt «Play Strindberg» im Theater Basel wieder auf die Bühne.
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Kulturtipp 05/2016
Babina Cathomen
Dürrenmatt wurde von August Strindbergs Novelle «Attila» zu seinem «Romulus» inspiriert, wie er selbst sagte. Der schwedische Schriftsteller diente ihm in grösserem Mass auch als Vorlage für ein zweites Stück: Strindbergs Ehedrama «Totentanz» von 1900 wandelte Dürrenmatt 1969 in einer legendären Inszenierung für das Theater Basel in «Play Strindberg» um. Über die radikale Bearbeitung, in der fast kein Stri...
Dürrenmatt wurde von August Strindbergs Novelle «Attila» zu seinem «Romulus» inspiriert, wie er selbst sagte. Der schwedische Schriftsteller diente ihm in grösserem Mass auch als Vorlage für ein zweites Stück: Strindbergs Ehedrama «Totentanz» von 1900 wandelte Dürrenmatt 1969 in einer legendären Inszenierung für das Theater Basel in «Play Strindberg» um. Über die radikale Bearbeitung, in der fast kein Strindberg-Satz übrig blieb, resümierte er: «Aus einer bürgerlichen Ehetragödie wird eine Komödie über die bürgerlichen Ehetragödien.» «Die Zeit» schrieb damals in der Theater-Kritik: «Je länger die Vorstellung dauert, desto unüberhörbarer wird ein ‹Anti-Strindberg-Dialog› von Dürrenmatt. (…) Er zeigt die Komik einer bürgerlichen Ehe. Für ihn ist sie nicht Hölle, sondern Groteske.»
Ein Experiment
In Strindbergs Text lebt das Ehepaar Alice und Edgar in einem ehemaligen Gefängnisturm auf einer einsamen Insel. Auf diese Symbolik geht Dürrenmatt auf der Bühne nicht ein, er lässt Alice und Edgar ihren Geschlechterkampf in einem Boxring austragen. Der Ehe-Konflikt spitzt sich zu, als sich Alices Cousin Kurt als Gast anmeldet. Kurts Schlichtungsversuche scheitern, Alice beginnt mit ihm eine Affäre und schürt damit den Hass weiter – der Zwist droht tödlich zu enden. Dürrenmatt fand für die Figur des gutmütigen Kurt eine andere Funktion. Bei ihm ist Kurt ein US-amerikanischer Multimillionär, der die Insel für seine dunklen Machenschaften auserkoren hat – ein Gangster in dürrenmattscher Manier.
Die Figurenpsychologie fällt in Dürrenmatts Inszenierung weg. Dem trägt der junge Regisseur Florian Fischer Rechnung, der sich nun im Theater Basel an den Bühnen-Klassiker wagt. Mit einem jungen Schauspiel-Team erarbeitet er den Text in einem neuen Raum im Theater Basel: «Die ‹Box› ist ein Raum, der zum Experimentieren herausfordert. Wir werden darin die Frage verhandeln, was wir als künstlerisches Team – alle um die Mitte 20 – zu diesem Text und dieser Form von unendlichem Zusammenleben zu sagen haben.»
Radikaler Wandel
Auch Dürrenmatt hatte den Strindberg-Text damals in einem wochenlangen Probenprozess unter Mitsprache der Schauspieler und unter Einbezug neuer Texte umgeformt – bis vom Ursprungstext nur noch das Grundgerüst übrig blieb. Einen solchen radikalen Wandel mit dem Dürrenmatt-Text plant Florian Fischer nicht: «Wir nehmen den Text als Text ernst und überprüfen ihn auf direkte und harte Weise.»
Play Strindberg
Premiere: Do, 25.2., 20.00 Theater Basel