Astrid Rosenfeld Macht der Familienbande
Zwei Generationen trennen Adam und Edward Cohen. Eine Geschichte führt sie zusammen. Astrid Rosenfeld erzählt sie im Roman «Adams Erbe».
Inhalt
Kulturtipp 06/2011
Renata Schmid
Ende der 1970er-Jahre in Berlin geboren, führt der 18-jährige Edward Cohen in seine Familiengeschichte ein: «Mein Vater hiess Sören oder Gören und kam aus Schweden oder Dänemark oder Norwegen. An mehr konnte sich meine Mutter nicht erinnern.» Dafür weiss Edward, dass er Augen, Nase und Mund dem Bruder seines Grossvaters zu verdanken hat. Adam hiess dieser, und Edward hat ihn nie kennengelernt. Packend, mit viel Humor und Sarkasmus lässt die 33-j&...
Ende der 1970er-Jahre in Berlin geboren, führt der 18-jährige Edward Cohen in seine Familiengeschichte ein: «Mein Vater hiess Sören oder Gören und kam aus Schweden oder Dänemark oder Norwegen. An mehr konnte sich meine Mutter nicht erinnern.» Dafür weiss Edward, dass er Augen, Nase und Mund dem Bruder seines Grossvaters zu verdanken hat. Adam hiess dieser, und Edward hat ihn nie kennengelernt. Packend, mit viel Humor und Sarkasmus lässt die 33-jährige, in Köln geborene Autorin Astrid Rosenfeld in ihrem Debütroman «Adams Erbe» den Protagonisten von seinem reich befrachteten Leben erzählen. Und gerne würde man bei Edward bleiben.
Dieser aber findet nach dem Tod seiner Grossmutter ein ungeöffnetes Paket auf dem Dachboden. Darin enthalten sind die Aufzeichnungen des bewegten Lebens seines Grossonkels Adam. Im Jahr 1938, 18-jährig, verlässt dieser sein Zuhause, um seine verschwundene Liebe Anna wiederzufinden. Ihre Spur führt ihn ins von Nationalsozialisten besetzte Polen und endet im Warschauer Ghetto. Mit grosser Erzählkraft führt Rosenfeld durch das Leben des jungen Adam. Authentisch wirken Handlung und Schauplätze. Zwei von der Einsamkeit Getriebene sind es, die sich auf dem Dachboden finden. Zwei Menschen aber auch, die ihre Hoffnung niemals begraben haben. Mit viel Sprachwitz und in flottem Tempo lässt Rosenfeld der Geschichte ihren Lauf – und sie versteht es, sie trotz aller Tragik nie traurig werden zu lassen. Auch weiss sie die Charaktere der beiden Protagonisten in ihre Zeit einzubetten und doch die Ähnlichkeiten ihrer Wesensart darzustellen.
Astrid Rosenfeld, die nach ihrem Abitur in Kalifornien Theater-Erfahrungen sammelte und ihre Schauspielausbildung in Berlin an den Nagel hängte, um in der Filmbranche zu jobben, gelingt mit ihrem Erstling ein literarisches Filmtheater. Sie habe keine Begebenheit vorzuweisen, die ausschlaggebend gewesen wäre für die Entstehung des Romans, sagt sie. «Es sind vielmehr verschiedene Splitter, die erst existiert haben und die Idee für eine Geschichte ergaben.» Und sie fügt hinzu: «Entweder man lässt die Geschichte weiterziehen oder man setzt sich hin und hält sie fest.» Dazu hat sie sich entschlossen. Zum Glück!
[Buch]
Astrid Rosenfeld
Adams Erbe
400 Seiten
(Diogenes 2011).
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