Weil seine Stücke so viel Spass machen, wurde er schon mit Monty Python verglichen. Doch die findet Antú Romero Nunes gar nicht lustig. Sowieso gebe es in Bezug auf Humor ein grosses Missverständnis, sagt der Regisseur und Co-Leiter des Basler Schauspielhauses beim Gespräch im hauseigenen Café. Nunes denkt und spricht schnell.
Seine Mundwinkel verraten immer einen leichten Schalk, auch wenn er gerade betont, dass etwas nicht witzig ist. «Viele nehmen an, wenn das Publikum lacht, ist etwas lustig», so Nunes. «Dabei lacht man häufig, weil man eine Wahrheit erkennt.» Er selbst lache über Enttarnungen von Orten. «Alle denken, eine Uni sei ein Ort der Wissenschaft. Aber wenn jemand die Decke wegnimmt, sieht man eine riesige Telenovela.»
Nunes lernte früh, sich nicht anzupassen
Dieses Vorführen menschlich-absurden Verhaltens findet sich oft auch in Nunes’ Inszenierungen, etwa in seinem «Sommernachtstraum», der vor zwei Jahren ans Berliner Theatertreffen eingeladen wurde. Darin spielen die Schauspieler verhuschte oder übereifrige Lehrpersonen, die den Liebling aller Theater-Freifächer in einer Schulaula aufführen.
Als Co-Direktor des Theaters Basel setzt Nunes aufs Schauspiel, die Dramaturgie ist dabei auf Augenhöhe. Dieser Fokus und die Senkungen der Eintrittspreise zeigen Wirkung: Die Auslastung ist in der letzten Spielzeit über alle Sparten um 4,3 Prozent gestiegen.
Vielleicht ist Nunes so erfolgreich, weil er schon früh lernte, sich nicht anzupassen. Sein Vater stammt aus Portugal, seine Mutter aus Chile, aufgewachsen ist Nunes in Tübingen. «Wenn ich gehänselt wurde, weil ich Ausländer war, sagte meine Mama: Die sind in dich verliebt oder eifersüchtig.
Das so zu sehen, war eine gute Strategie.» Im Schauspielstudium in Berlin fiel er immer wieder durch Prüfungen, am Schluss wurde ihm gar die Diplominszenierung verweigert. Zum Glück bot das Maxim Gorki Theater an, sein Abschlussstück zu zeigen. Danach folgten viele Aufträge.
Dürfte er allein entscheiden, wären im Basler Theater Getränke und Popcorn im Zuschauerraum erlaubt. Nunes will das Theater von dem abgehobenen Image befreien. «Das Theater ist nicht dazu da, dass die Leute erkennen, was sie gelesen haben.» Diese Haltung hätten wohl ein paar traumatisierte Lehrer ihren Schülern vererbt. «Politik ist wichtig.
Der Arlecchino, der Hunger hat und sich überlegt, wie er an das Törtchen kommt, aber auch.» Theater solle die elementaren Instinkte der Menschen verhandeln. Diese Sicht hält Nunes aber nicht davon ab, politische Texte zu inszenieren. So wie Lukas Bärfuss’ «Die Krume Brot», in der es um Armut in der Schweiz geht. Nunes sagt: «Lukas Bärfuss schreibt über Geld, ohne über Geld zu schreiben.»
Und das Lachen? Das findet Nunes in den Details, mit denen Bärfuss Situationen beschreibt. «Ein Satz von ihm ist wie ein Brockenhaus. Voller Geschichten.»
Die Krume Brot
Premiere: Fr, 13.12., 19.30
Theater Basel
Antú Romero Nunes’ Kulturtipps
Buch
Cormac McCarthy: Der Passagier / Stella Maris (Rowohlt 2022)
«Spannend und philosophisch grei fen diese beiden letzten Romane des romantischen Existenzialisten Cormac McCarthy einem direkt ins Herz.»
Theater
Chroniken vom Mars
«Auf seine unvergleichliche Art und Weise erzählt der Bühnenmagier Philippe Quesne mit einem bezau bernden Ensemble von der Besie delung des Mars. Ein interstellarer Leckerbissen.»
Bis Mi, 8.1., Theater Basel
Film
«Anatomie eines Falls» von Justine Triet (2023)
«Wer diesen Film nicht schon gesehen hat, der soll ihn sich an sehen. Er wirft neue Fragen auf und ist Krimi und knallharte Be ziehungsgeschichte zugleich.»