Fern von digital, jenseits von 3D gab es eine Zeit, in der traditionelle Formen von Fernsehserien für Kinder für Furore sorgten: Ob für den Bildschirm inszenierte Figurentheater mit Stab- und Marionettenpuppen oder Figurentrickfilme mit Knetmasse.
Wir stellen vier herausragende Produktionen vor, die Klassiker und Kult geworden sind. Und die man heute dank DVD wieder sehen kann. Die ausgewählten Beispiele haben eines gemeinsam: Tiere und Dinge kommen anthropomorph daher: Sie geben sich wie Menschen, tragen Kleider und können sprechen.
Der Löwe ist los
Während Jahrzehnten war die «Augsburger Puppenkiste» im deutschen Fernsehen ein Qualitätssiegel: Sie galt als Garantin für Spannung und viel Märchenhaftes. Die Zusammenarbeit zwischen dem 1948 gegründeten Theater aus Augsburg und dem Hessischen Rundfunk währte von 1957 (noch Schwarz-Weiss-Fernsehen) bis 1994. In dieser Zeit entstanden unzählige Puppentheater-Produktionen, welche die Kindheit vieler TV-Zuschauer prägten und dank Wiederholungen auf mehrere Generationen nachhaltig wirkten. Zu den bekanntesten Augsburger Stoffen gehören: «Jim Knopf» – nach dem Buch von Michael Ende – oder Max Kruses «Urmel aus dem Eis», aber auch «Die Muminfamilie» mit den finnischen Trollenwesen und «Kater Mikesch». Max Kruse sorgte als Autor wiederholt für klassisches Fernseh-Puppentheater: Ausser «Urmel» schrieb er seine fünfbändige Kinderbuchreihe «Der Löwe ist los» (ab 1952). Drei Bände davon wurden in den 1960er-Jahren zu Augsburger Puppenkisten-Produktionen. (hau)
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Der Löwe ist los
Von Max Kruse
Hessischer Rundfunk 1965
124 Minuten, 1 DVD
(HR Media 2004).
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Dominik Dachs und die Katzenpiraten
Im Frühling 2012 gab es für «Dominik Dachs» ein Comeback beim «Guetnacht-Gschichtli» im Schweizer Fernsehen. Ganze 42 Jahre waren seit der Premiere vergangen: 1970 flimmerten die fünf originalen Folgen der DRS-Eigenproduktion über den Bildschirm. Autor Werner Flück hatte nach der Buchvorlage des englischen Autors Denys Watkins-Pitchford den Mundarttext verfasst und die Figuren kreiert.
Die Musik stammte vom Komponisten und Dirigenten Hans Moeckel.
«Dominik Dachs und die
Katzenpiraten» ist die simple, abenteuerliche Geschichte einer Freundschaft, die in einem liebevoll gebastelten Puppenwelt-Dekor spielt. Die Marionettenfiguren sind buchstäblich hölzern und steif – aber erstaunlicherweise vergisst man schnell, dass Dominik & Co. Mäuler und Augen nicht bewegen können. Ebenso vergisst man, auf die vielen Fäden zu achten – der Zauber dieser Marionettenwelt macht es möglich. (hau)
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Dominik Dachs und die
Katzenpiraten
DRS 1970, 124 Minuten, DVD
(Sony/BMG 2012).
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Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt
Tobias Findeisen, den alle Tobbi nennen, besucht die dritte Primarklasse, ist aber eigentlich Erfinder. Rob 344-66/IIIa, den alle nur Robbi nennen, besucht die dritte Klasse der Roboterschule. Er ist ein begnadeter Mechaniker und hat heimlich Tobbis Baupläne für das «Fliewatüüt» ausgeführt. Mit diesem genialen Flugschiffauto reisen sie an den Nordpol. Unterwegs lösen sie Robbis Aufgaben zur Abschlussprüfung der 3. Roboklasse. Boy Lornsens Kinderbuch von 1967 erreichte spätestens als TV-Serie Kultstatus. Und wer die Fernsehauftritte der Augsburger Puppenkiste mochte, war auch angetan von den Abenteuern des lustigen Gespannes Robbi und Tobbi. Auf ihrer Reise zum Nordpol flogen sie aber – und dies ist das Besondere an dieser TV-Serie – über das reale Meer! Denn die WDR-Produktion von 1972 wurde erstmals als MAZ (Magnetband-Video) gedreht. Mit Hilfe der Bluescreen-Technik spielten die Stabpuppen und Marionetten in realen Landschaften. (fn)
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Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt
WDR 1972, 301 Minuten
Remastered 2 DVDs,
Bonusmaterial, Soundtrack-CD
(ARD-Video 2007).
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Pingu
Mit seinem Trompetenschnabel hat er die Welt erobert. Pingu, 1986 vom Zürcher Trickfilmer Otmar Gutman kreiert und ab 1987 als Koproduktion von SF DRS und ZDF ein TV-Star, ist in 140 Ländern zur Kultfigur geworden. Der kleine, freche Pinguin war der erste Plastilin-Serienstar und watschelte über die TV-Schirme, als seine Knetkollegen Wallace and Gromit noch Ideen waren. Pingu hat die Herzen der Kinder erobert, weil er trotz seiner Exotik als Identifikationsfigur wirkt. Er lebt am Nordpol, und sein bester Freund ist die Robbe Robby. Auch Erwachsene lieben Pingu – wegen seiner formalen Hipness: Er plaudert in einer kurligen Fantasiesprache und ist ein Formwandler. Ist er wütend, trötet sein Schnabel als Riesentrompete, hat er Angst, zerfliesst er zur Knetpfütze. Kein Wunder, ist Pingu auch zum Merchandising-Hit geworden. Sein Erfinder Gutman ist aber nicht reich geworden; er starb schon 1993. (fn)